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Türkei: Wahlkrieg

Lesen Sie hier das türkische Original. Der Text ist für die deutsche Version redaktionell leicht bearbeitet worden.

Im November 2015 gab es Wahlen in der Türkei, vorher führte die türkische
Armee eine Operation in Syrien durch und verlegte die grenznahe Grabstätte des Sulaiman Schah.
Erdoğan zog als siegreicher Feldherr in die Wahlen. Im April 2017 fand das
Verfassungsreferendum statt
, das Erdoğan die Präsidialherrschaft ermöglichte. Zwei Wochen
zuvor endete die mit US-Unterstützung durchgeführte türkische Militäroffensive gegen den IS in
Nordsyrien. Erdoğan ging als siegreicher Feldherr in die Abstimmung. Im Juni 2018 standen
Präsidentschaftswahlen an. Im März startete die Armee die Operation Olivenzweig und hisste die
türkische Fahne im Zentrum von Afrin. Erdoğan zog als siegreicher Feldherr in die Wahlen.

Nun stehen im März Kommunalwahlen bevor. Letzte Woche erklärte Erdoğan, die kurdischen Volksverteidigungseinheiten PYD-YPG hätten die Region östlich des Euphrats in ein Terrornest verwandelt, weshalb die türkische Armee in wenigen Tagen dort operieren werde. Damit wollte er von der Wirtschaftskrise ablenken, mit Verweis auf einen äußeren Feind noch die letzten dissidenten Stimmen unterdrücken und als siegreicher Feldherr in die Wahlen ziehen.

Der Truppentransport an die Grenze begann, Erdoğan erklärte, die USA hätten der Operation zugestimmt. Der Sprecher des US-Außenministeriums wies dies als “irreführende Erklärungen” zurück, doch da kam von Trump ein unerwarteter Vorstoß. Nach einem Telefonat mit Erdoğan kündigte er, natürlich über Twitter, den Rückzug aus der Region an. Manche meinen, Trump opfere die Kurden, um die Türkei nicht Russland in die Arme zu treiben, anderen zufolge nutzt er Erdoğans militärische Abenteuerlust für die eigenen Rückzugspläne.

Trumps Beschluss bietet Erdoğan ausreichend Material für die Wahlen, garantiert aber keinen Erfolg der Operation. Auch Russland, der Iran und Damaskus sind in dem Gebiet präsent, 50.000 YPG-Kämpfer gegen den IS im Einsatz. Die Grenze, an der die Operation stattfinden soll, ist 380 Kilometer lang. Den Krieg zu gewinnen könnte schwieriger werden, als mit Krieg Wahlen zu gewinnen.

Aus dem Türkischen von
Sabine Adatepe

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