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Annegret Kramp-Karrenbauer: Über die Couchgarnitur

Von Annegret Kramp-Karrenbauer existiert, anders als von Angela Merkel, eine lokaljournalistische Homestory aus einer Zeit, als sie noch keine Politikgröße war. Der Fototermin fand im Jahr 1997 statt, als die AKK noch die Anstalt für Kabelkommunikation war und Kramp-Karrenbauer Grundsatz- und Planungsreferentin der CDU Saar. Die Fotos zeigen nicht nur die Politikerin von damals und ihr Baby von damals, sie zeigen auch ihre Couch von damals. Eine Ledercouch, wie sie in jenem Jahrzehnt in vielen deutschen Wohnzimmern stand, eine Couchgarnitur mit einem Eckelement, die es mit sogenannter Trapezecke (vorn leicht angeschrägt) und Spitzecke gibt (keine Schräge, oft etwas kostengünstiger).

Die Couchgarnitur ist neben der Einbauküche der stolzeste Möbelbesitz der unteren Mittelschicht, und offenbar lag es Kramp-Karrenbauer nicht daran, so zu tun, als sei sie “etwas Besseres”, ein Ausdruck, den Saarländer gern verwenden. Kein Wunder: Als etwas Besseres gelten zu wollen ist im Saarland gleichbedeutend mit dem sozialen Tod.

Von einer anderen CDU-nahen Persönlichkeit ist ja bekannt, dass sie sich mit ihrem Flugzeug hat fotografieren lassen. Eine Couchgarnitur ist das Gegenteil von einem Flugzeug. Eine so bauschige Couchgarnitur wie die, die in Püttlingen stand, gewinnt wohl nie Preise auf dem Salon International du Meuble, aber sie ist gemütlich, wenn man sich zu fünft vor den Fernseher kuschelt. Wer es noch nie ausprobiert hat: Die Ecke in der Couch befördert das Fernsehkuscheln aufs Vortrefflichste.

Das Kleinbürgertum wird ja heute vor allem mit Unglück in Verbindung gebracht, es wird, liest man die Zeitungen richtig, vor allem dauernd “vergessen”, es muss schlimme Parteien wählen und preisreduziertes Fleisch nahe der Haltbarkeitsgrenze essen. Zumindest im Saarland und noch im Jahr 1997 gab es aber auch das durch und durch glückliche Kleinbürgertum, das auf der Eckcouch zusammensaß und sich kein anderes Sitzelement wünschte. Nicht mal Trapez statt Spitze.

Womöglich stammt die Garnitur von Möbel Martin, da gehen Saarländer gern hin, und da kennen sie jemanden, der kennt einen, der gibt vielleicht sogar Prozente. Eine Couch zu haben von jemandem, den man kennt, das macht glücklicher als jeder Zweisitzer von Mies van der Rohe. Wenn man ganz genau hinschaut, erkennt man das.

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