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Leserdebatte: Darüber haben Sie 2018 gestritten

Lässt sich ein Jahr anhand seiner Debatten beschreiben? 2018 wurde jedenfalls ausgiebiger diskutiert als im Vorjahr, die Leserkommentare nahmen um das Anderthalbfache zu. Wir haben uns die 400 Artikel mit den meisten Kommentaren angeschaut und sie sortiert. Welche Themen haben besonders viele Menschen dazu gebracht, Kommentare abzugeben, worüber wurde gestritten?

Die Innenpolitik bestimmt die Debatte

Vor allem das Geschehen in der deutschen Innenpolitik prägte die Diskussionen in unserer Community: Sortiert man alle Texte des Jahres mit den meisten Leserkommentaren nach Schlagworten, kommt die CDU
am häufigsten vor. Neben der Regierungsbildung, dem Streit um den
Asylkompromiss und der Debatte um Zuwanderung stand besonders die Auseinandersetzung
zwischen Angela Merkel und Horst Seehofer im Fokus. Später interessierten sich unsere Leserinnen und Leser insbesondere für die Zukunft der Konservativen sowie die
Kandidatinnen und Kandidaten für den CDU-Parteivorsitz.

Eine der umstrittensten Persönlichkeiten war 2018 der ehemalige Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen. Seine Bewertung eines Videos der rechtsextremen Übergriffe in Chemnitz sorgte für derartig viele Kommentare, dass unser Moderationsteam Sonderschichten einlegen musste. Das hohe Aufkommen allein war dabei gar nicht das vorrangige Problem: Die durch die Gewaltausschreitungen in Chemnitz eingeleitete Erregung schlug sich auch im Tonfall nieder. Aber es gab auch viele, die für ein offensives Auftreten gegen Rassismus und generalisierten Hass plädierten. Zehn eindrückliche Stimmen haben wir separat zusammengetragen.

Spiegel des Diskurses

Die Debatte nach Chemnitz macht deutlich, wie sehr unsere Community den öffentlichen Diskurs widerspiegelt: So führten Artikel, die aktuelle Debatten abbildeten, zu besonders intensiven Diskussionen. Dazu gehörten beispielsweise die Vorschläge von Grünen-Chef Robert Habeck und Teilen der SPD, Hartz IV zu reformieren oder gleich ganz abzuschaffen. Das Thema Armut in Deutschland beschäftigte unsere Leserinnen und Leser im Kommentarbereich grundsätzlich sehr.

Mit viel Inbrunst debattierte die Community von ZEIT ONLINE den Fall des freigelassenen Journalisten Deniz Yücelallen voran eine Bundestagsrede von Cem Özdemir, in der er die AfD angriff. Aufsehen erregte auch ein Interview mit dem SPD-Abgeordneten Johann Saathoff, in dem er auf Plattdeutsch antwortete – als Reaktion auf die von der AfD geforderte Verankerung von Deutsch als Landessprache im Grundgesetz.

Zu den meistdiskutierten Texten gehörten außerdem Artikel zum Umgang mit den Fußballnationalspielern Mesut Özil und İlkay Gündoğan, zum Klimawandel und seinen Ursachen und zum Fall Sami A. Einzig das Schlagwort Russland schafft es als nicht deutsches Thema in die Top Ten der am meisten kommentierten Begriffe – wegen der Vorfälle im Asowschen Meer vor der Halbinsel Krim und der Frage danach, ob Sergej Skripal von russischen Spionen vergiftet wurde.

Was Sie uns erklärten

In den Foren von ZEIT ONLINE diskutieren Leserinnen und Leser nicht nur miteinander. Mehrmals haben wir Sie gefragt, und Sie haben geantwortet: Als Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) behauptete, Hartz IV bedeute keine Armut, fragten wir unsere Leserschaft nach ihren Erfahrungen. Und als Innenminister Horst Seehofer verkündete, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, stellten wir die Gegenfrage: Wie christlich ist Deutschland? Die Antworten reichten von der Forderung nach einem laizistischen Deutschland bis hin zu dem Standpunkt, dass die christliche Prägung grundlegend für ein deutsches Selbstverständnis sei.  

Mit Ihrer Hilfe entwickelten wir einen Alternativkanon, der 100 bedeutende Werke aus Film, Musik, Literatur, Wissenschaft, Bildender Kunst und Architektur umfasst. Anlässlich des 30. Welt-Aids-Tages gingen wir mit Fragen der Community zu einer Sexualberatung – und wissen dank Ihrer Neugierde nun, wie Safer Sex funktioniert.

Die meistkommentierten Artikel

Der Artikel mit den meisten Leserkommentaren war der Liveblog zum Streit zwischen CDU und CSU über den Asylkompromiss im Juli dieses Jahres. Auf Platz zwei der am meisten kommentierten Texte steht ein Interview, in dem der Frage nach der Existenz Gottes nachgegangen wird. Der Theologe Dirk Evers erklärt, wie sich die Suche nach dem Gottesbeweis verändert hat – und was Immanuel Kant damit zu tun hat.

Nachdem CSU-Chef Horst Seehofer das Innenministerium um den Bereich Heimat erweitert hatte, wurde um diesen Begriff viel gerungen. Auf Platz drei der am meisten kommentierten Artikel auf ZEIT ONLINE landet so der Aufruf von Daniel Schreiber im Februar, den Begriff Heimat nicht dem rechten Rand zu überlassen, denn es handele sich keinesfalls um ein unschuldiges Wort.

Damit verbunden ist die Meldung aus Bayern von Ende April, dass der dortige Ministerpräsident Markus Söder Kreuze in allen Staatsbehörden vorschreibt. Sie kommt auf Platz vier der am meisten kommentierten Artikel des Jahres. Platz fünf geht an einen Gastbeitrag über das absurde Comeback einer Bullshit-Wissenschaft, der Rassenlehre.  

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