/“Tatort” Schwarzwald: Ab 18 Uhr nur Hemden mit Kragen

“Tatort” Schwarzwald: Ab 18 Uhr nur Hemden mit Kragen

Die Fußballwitze hören nicht auf. Nach dem Münchner Polizeiruf letzte Woche mit der Einmal-Kollegin Nadja Micoud führt nun die Schwarzwälder Tatort-Folge Damian (SWR-Redaktion: Katharina Dufner) große Namen im Dialog. Ein Kollege auf dem Revier buchstabiert den Namen “Schöpf” nämlich mit Hilfe von bekannten Sportlern: “Sch wie Schweinsteiger, Özil, Podolski, Franz.” Das wirkt ein bisschen vorgenommen, schon weil man “Schöpf” viel leichter mit “wie Schopf mit ö” erklären könnte, als auf die Anfangsbuchstaben von “Schweinsteiger” zu verweisen. So macht der Spruch den Eindruck, als Idee schon länger in der Schublade gelegen zu haben, um auf seinen Einsatz zu warten – und der Name Schöpf ist dann bloß nicht der beste Moment dafür.


Matthias Dell schreibt seit 2010 wöchentlich über “Tatort” und “Polizeiruf 110”. Auf ZEIT ONLINE seit 2016 in der Kolumne “Der Obduktionsbericht”.
© Daniel Seiffert

Vielleicht ist der Satz aber auch nicht richtig inszeniert (Regie: Stefan Schaller): Er kommt aus dem Nichts, klingt wie aufgesagt, es herrscht keine Spannung zwischen den Figuren, die ihn als geschickte Reaktion auf eine bestimmte Kommunikation erscheinen ließe (oder wenigstens als Motiv der Figur).

Diese Unentschiedenheit ist das größte Problem von Damian: dieser Tatort findet nie richtig zu einem eigenen Ton, einer eigenen Erzählung. Die Geschichte (Drehbuch: Lars Hubrich, Stefan Schaller) lässt durchaus Momente erkennen, die vom Krimi-Format etwas Besonderes wollen. Es werden zwei Fälle miteinander verbunden: der Mord an einer jungen Frau und ihrem Tennislehrer (hinter dem wiederum eine noch ältere Geschichte zum Vorschein kommt) und eine abgefackelte Hütte mit verkohlter Leiche im Wald.

Das Bindeglied ist der titelgebende Student Damian (Thomas Prenn), der psychische Probleme hat, Leistungsdruck in der Universität und ein unverständiges Elternhaus. Damian hat die Hütte angezündet und ist in den Flammen umgekommen, weil Stimmen ihm das befahlen. Zuvor ist er in den Radar der Verdächtigen geraten, weil er in der Nähe des Junge-Frau-Tennislehrer-Mords aufgetaucht ist.

Die Geschichte spielt mit der Chronologie, wenn sie am Ende wieder bei einem Bild vom Anfang landet – mit Tobler (Eva Löbau) und Aushilfs-Weber (Carlo Ljubek – Hans-Jochen Wagners Stammermittler Berg laboriert an einem Skiunfall) erschöpft auf dem Kommissariat. Und sie hat zwei Zeitebenen, Anfang März und Ende April. Aber dem Film gelingt es nicht, aus solchen erzählerischen Kniffen etwas abzuleiten, das den Zuschauer hineinzieht in das Konstrukt. Vielleicht hätten Inserts mit Zeitangaben geholfen, das Hin und Her zu strukturieren, auch wenn Inserts nicht die Antwort auf alle Fragen sind.

Es passt in dem Tatort vieles nicht zusammen, und das Sinnbild dieses Durcheinanders (oder besser: Nebeneinanders) ist Nora von Waldstättens Auftritt als Meike Richter von der “polizeilichen Beratergruppe”. Eine Figur, die keine dramaturgische Funktion hat, weil das, was sie beiträgt, auch von anderen hätte gesagt werden können. Weil das, was sie eigentlich tun soll – die Arbeit von Tobler und Weber zu begutachten –, nicht getan wird.

Und vor allem: weil Waldstätten die Rolle von Anfang an lächerlich macht. Als eine trutschige Witzfigur, die von der ersten Sekunde an grimassiert, den Mund spitzt, mit den Wimpern klimpert und eine alberne Brille trägt, die Frauenfiguren im deutschen Film immer dann tragen müssen, wenn sie als Dummchen erkannt werden sollen, was einen schon deshalb in tiefe Verzweiflung stürzt, weil das das billigste aller Attribute ist: Setz dir mal eine alberne Brille auf.

Mit Johann von Bülows Peter Trelkovsky gibt es noch einen Korrespondenzcharakter zu Waldstättens Polizistin, weil Bülow seinen Bauarbeiter ebenfalls als Charge anlegt (und das ebenfalls mit alberner Brille). Womöglich ist Bülow als Bauarbeiter auch falsch besetzt, aber wenn er einen spielt, dann doch nicht so übertrieben überlegen.

Was hat man von Schauspielern, die sich im Spiel über ihre Figuren lustig machen? Zumal die anderen Schauspieler (Löbau, Ljubek) das gerade nicht tun. Es gibt in Damian zu viele verschiedene Register von filmischer Erzählung, als das daraus ein in sich stimmiger Film werden könnte. Schon die Hochglanzunruhe der Bilder (Kamera: Andreas Schäfauer) korrespondiert nicht mit der ernüchterten Erschöpfung der beiden Ermittler. Schallers Regie will alles in schicke Stimmungen und große Gesten verpacken, ohne zu merken, dass der Fall dafür vielleicht gar nicht gemacht ist.

Hits: 7