/Deutsche Bahn: Hunderte Gewalttaten gegen Bahnmitarbeiter

Deutsche Bahn: Hunderte Gewalttaten gegen Bahnmitarbeiter

Die Deutsche Bahn hat in den ersten zehn Monaten dieses Jahres bereits knapp 2.000 gewaltsame Übergriffe auf ihre Mitarbeiter registriert. Von Januar bis Ende Oktober zählte der Konzern 1.981 Körperverletzungen, wie aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsfraktion hervorgeht. Bei anderen Bahnunternehmen gab es im selben Zeitraum demnach rund 140 Gewalttaten.

Im Jahr 2015 hatte die Bahn AG den Angaben zufolge noch 1.876 Körperverletzungen bei ihren Mitarbeitern gezählt. In den Folgejahren stiegen die Zahlen deutlich: 2016 waren es demnach 2.374 Übergriffe, im vergangenen Jahr 2.550.

Warnung vor Wut und Frust

Der Vize-Aufsichtsratschef der Deutschen Bahn AG, Alexander Kirchner, warnte angesichts zahlreicher Verspätungen und Technikprobleme vor wachsendem Frust auch unter den Mitarbeitern. “Nicht wenige denken: Es wird eh nicht besser. Viele Kollegen haben die Hoffnung verloren”, sagte der Chef der Gewerkschaft EVG dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. “Die Kollegen in den Zügen und auf den Bahnhöfen sind mit der Wut der Reisenden über Verspätungen direkt konfrontiert. Sie müssen sich permanent für Probleme rechtfertigen, die sie weder verursacht haben noch verhindern können.”

Zuletzt waren die Fernzüge der Bahn wieder häufiger verspätet. Die Pünktlichkeitsquote lag im November bei 70,4 Prozent. “Nur 70 Prozent bei der Pünktlichkeit – das war in der Vergangenheit die Ausnahme, jetzt ist es fast der Regelfall”, sagte Kirchner. Die Bahn sei über Jahre auf Verschleiß gefahren worden. Es fehlten Kapazitäten bei der Infrastruktur, bei den Zügen und beim Personal. “Das führt dazu, dass das System allmählich kippt”, so Kirchner.

“Falsche politische Weichenstellungen”

Der Aufsichtsrat sieht neben dem aktuellen Vorstand um Bahnchef Richard Lutz und dessen Vorgängern auch die Bundesregierung in der Verantwortung. “Auch die Politik ist verantwortlich für den desolaten Zustand, den wir jetzt haben: Sie hat es über Jahre versäumt, die notwendigen Mittel für die Modernisierung der Infrastruktur bereitzustellen.”

Der Grünen-Verkehrspolitiker Matthias Gastel warf der CSU vor, die Krise der Bahn durch falsche politische Weichenstellungen wesentlich mitverschuldet zu haben. “Es ist nicht damit getan, die DB mit einer Strukturreform zu beauftragen und in der Bahnpolitik sonst alles beim Alten zu belassen”, sagte Gastel der Deutschen Presse-Agentur. Die CSU stellt seit 2009 den Verkehrsminister. Der Bund ist als
Eigentümer der Bahn auch im Aufsichtsrat vertreten und kontrolliert das Bahn-Management maßgeblich mit.

Grüne: Scheuer ein “Meister des Ungefähren”

Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte die Deutsche Bahn angesichts vieler Probleme zu schnellen Verbesserungen für die Fahrgäste aufgefordert. “Wir brauchen eine Bürgerbahn, die den Namen verdient – nämlich, dass wir pünktlicher werden, dass wir besseren Service anbieten”, hatte Scheuer gesagt. Die Qualität beim Bahnfahren müsse im neuen Jahr schnellstens wieder steigen. Auch bei den Abläufen im bundeseigenen Konzern müsse es Verbesserungen geben.

Der Minister werde beim Thema Bahn zum “Meister des Ungefähren”, kritisierte der Grünen-Politiker Gastel. “Nach dem ‘Wow-Effekt’ führt Scheuer mit der ‘Bürgerbahn’ eine neue Worthülse ein.” Mit der Realität habe dies nach neun Jahren CSU-Verkehrspolitik immer weniger zu tun, sagte er.

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