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US-Verteidigungsminister: Einer wie Mattis kommt nicht wieder

James Mattis ist keiner, der vor Ungemach flieht. Nur weil es womöglich keine Freude ist, mit dem US-Präsidenten über militärische Strategie, Krieg und Frieden zu diskutieren. Donald Trumps Verteidigungsminister hätte sein Amt nicht hingeworfen wegen einzelner Differenzen, solange es noch die Chance gegeben hätte, gehört zu werden. Anlässe hätte er sonst genug gefunden, die beiden waren sich oft nicht einig, dennoch war immer klar: Eher würde Trump ihn entlassen, als dass der angesehene Viersternegeneral den Versuch aufgeben würde, seine Erfahrung und seinen Intellekt im Dienst seines Landes zur Geltung zu bringen. Es ist nicht so, dass Mattis sein Amt verliert – das Amt verliert ihn.

Gehör wird er wohl nicht mehr finden, aber zu sagen hatte der Verteidigungsminister noch viel. Sein Rücktrittsbrief ist eine kluge Warnung vor dem Weg, den die Außenpolitik unter Trump genommen hat. Mattis hält fest an der Überzeugung, die USA seien ein unverzichtbarer Rückhalt für die freie Welt. Und ganz anders als Trump: dass die Interessen des Landes nicht geschützt und diese Rolle nicht effektiv erfüllt werden könne, “ohne starke Allianzen aufrechtzuerhalten und diesen Verbündeten Respekt zu zeigen”. Mattis war in dieser US-Regierung einer der letzten Verfechter einer internationalen Ordnung, “die für unsere Sicherheit, unseren Wohlstand und unsere Werte die beste ist” – weil sie eben auf Kooperation und nicht auf Konkurrenz beruht.

Viele haben ihre vergeblichen Hoffnungen auf ihn projiziert, der “letzte Erwachsene im Raum” wurde Mattis gern genannt. Aber was kann so einer erreichen, wenn die Vernunft, die er an den Tisch mitbringt, so offensichtlich nicht erwünscht ist im Weißen Haus?

USA – Verteidigungsminister James Mattis tritt zurück
Ende Februar will James Mattis sein Amt als Verteidigungsminister abgeben. Als Grund für seinen Rücktritt nennt der 68-Jährige Meinungsverschiedenheiten mit dem US-Präsidenten Donald Trump.

© Foto: Carolyn Kaster/AP/dpa

Nicht wundern, wenn das Kalifat zurückkommt

Trump verkündete Mitte dieser Woche den Abzug der US-Truppen aus Syrien, die Terrormiliz “Islamischer Staat” sei besiegt, die Mission erfüllt. Den Kongress hatte er zuvor nicht informiert, laut Medienberichten nicht einmal das Pentagon, obwohl alle wichtigen Stimmen ihm mehr als einmal gesagt haben dürften, wie gefährlich dieser Schritt ist: Außenminister Mike Pompeo, Sicherheitsberater John Bolton, auch Mattis. Der hatte schon im September gewarnt: “Das Kalifat loszuwerden kann nicht heißen, dass wir dann blind sagen: Okay, wir sind sie los, und dann abziehen und uns am Ende wundern, warum das Kalifat zurück ist.” Ganz abgesehen davon, welch ein Geschenk der Rückzug der Amerikaner für das syrische Regime von Baschar al-Assad und seine Verbündeten Iran und Russland ist – oder was er für die verratenen kurdischen Partner im Kampf gegen den IS bedeutet. Mattis soll noch am Donnerstag versucht haben, den Präsidenten umzustimmen.

Vergeblich, Trump scheinen solche Bedenken kaltzulassen. Nicht nur mit Blick auf Syrien, wo der Präsident nie verstanden hat, was es dort für die USA, ihre Verbündeten, ja die Weltgemeinschaft zu gewinnen oder zu verlieren gibt. Auch aus Afghanistan will Trump Tausende US-Soldaten zurückholen, wohl die Hälfte des Kontingents, wird berichtet. Mattis hatte ihn dereinst noch überzeugen können, die Truppen dort substanziell zu verstärken, nachdem die radikalislamischen Taliban wieder auf dem Vormarsch sind. Auch das ist Vergangenheit.

Loyal bis zuletzt, trotz aller Differenzen

So wie die USA in ihrer Rolle für die internationale Ordnung nicht zu ersetzen sind, ist auch Mattis ein beinahe singuläres Phänomen in der Regierung von Donald Trump: seinem Land verpflichtet, wo andere nur an sich selbst und die Macht denken; auf Fakten bauend, wo andere sich die Welt in Form fantasieren; abwägend, wo andere schnelle Schlüsse für Entschlossenheit halten. Loyal ist der Verteidigungsminister bis zuletzt, erst Ende Februar will er tatsächlich gehen.

Trump lässt er damit genügend Zeit, einen Nachfolger zu finden, dessen Ansichten “mehr auf Ihrer Linie liegen” – darauf habe er ein Recht, schrieb Mattis dem Präsidenten. Damit ist auch angedeutet, wen Trump nun suchen dürfte: jemanden, der ihm nicht widerspricht, wenn er falschliegt. Schon bald will Trump einen Namen nennen, derweil sich Persönlichkeiten von Mattis’ Format nicht gerade um diesen Job reißen werden. Es ist bitter, aber einer wie er kommt nicht wieder.

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