/Amazon: Die Daten des Anderen

Amazon: Die Daten des Anderen

Endlich mehr Datenschutz – so versprachen es
zumindest Politikerinnen
und Politiker,
als im Mai 2018 die Umsetzungsfrist
der europäischen Datenschutz-Grundverordnung
(DSGVO) ablief. Surft
man im Netz, soll man seine Daten nun nicht nur besser schützen können, nein, man
soll sogar ein wenig Hoheit über sie zurückerlangen. Möchte man etwa wissen,
welche Informationen eine Website über einen gespeichert hat, müssen die
Betreiber sie einem senden, auf Nachfrage auch löschen. Wenigstens die
EU-Bürger sollen durch die DSGVO
endlich wieder Herr über ihre eigenen Daten werden.

Die Regelung soll vor allem Unternehmen zähmen,
die viele Daten sammeln – und das sind insbesondere die großen US-Tech-Firmen wie
etwa Facebook, Google, Netflix
und Amazon. Diese sollen Informationen über ihre Nutzerinnen und Nutzer nicht
mehr einfach ohne deren Wissen horten können. EU-Bürger sollen auf Nachfrage auch
von den amerikanischen Unternehmen ein Datenpaket in allen Einzelheiten
erhalten: welche Links sie angeklickt, welche Produkte sie gekauft, welche
Videos sie sich angeguckt, welche Gespräche sie mit ihrem smarten Lautsprecher
geführt haben.

Bei einem dieser großen Konzerne, Amazon, ist
es nun im Rahmen einer solchen Selbstauskunft zu einem ernsten
Datenschutz-Fauxpas gekommen. Das berichtet das Tech-Magazin
c’t
in seiner aktuellen Ausgabe. Als ein Nutzer seine eigenen
Informationen abfragte, erhielt er einen Downloadlink zu einer 100 Megabyte
großen Datei. Darin fand er seine eigenen Daten – aber auch Tonaufnahmen von Gesprächen mit der
intelligenten Amazon-Assistentin Alexa. Die Sache war nur die: Der Anfragende hatte Alexa nicht genutzt. Es waren die Daten eines anderen, der ebenfalls Kunde von Amazon war.

Der Fremde ist namentlich identifizierbar

Aus den 1.700 Audiodateien und einem PDF-Dokument gehen nach Angaben
der c’t intime Informationen hervor:
dass der andere Amazon-Kunde den Sprachdienst offenbar zu Hause und unterwegs
nutzt, dass er mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fährt, dass manchmal eine
Frau bei ihm zu Besuch ist. Selbst die Anfragen, die der Nutzer bei Spotify
stellt, hat Amazon festgehalten. Alles Dinge, die eigentlich niemanden etwas
angehen sollten außer der Person selbst.

Nun ist es nicht neu, dass das Amazon Daten
speichert. Das Unternehmen weist auf
seiner Website
sogar explizit daraufhin, dass jedes Gespräch mit dem
Lautsprecher Echo respektive dessen Stimme Alexa aufgezeichnet und in die Cloud
gesendet wird, sobald das Codewort fällt. Dort steht auch, dass diese
Informationen mit dem Amazon-Konto verknüpft und möglicherweise zu Werbezwecken
verwendet werden (Amazon spricht natürlich lieber davon, dass sich Alexa den
“persönlichen Vorlieben” anpasse).

Allerdings verdeutlicht die c’t-Recherche wieder einmal die Tragweite
dieser Sammelwut
. Man könnte aus den Daten mutmaßlich ableiten, wo
die betroffene Person wohnt, wo sie arbeitet, welche Musik sie hört, wann sie
aufsteht, wann (und vielleicht sogar wie oft) sie duschen geht. Weil auch
mehrmals Vornamen und einmal ein Nachname in den aufgezeichneten Gesprächen
fielen, konnte die c’t-Redaktion den
Kunden schließlich namentlich identifizieren.

Hits: 40