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Fachkräfteeinwanderungsgesetz: Ein Paradigmenwechsel, trotz allem

Manchmal sind es kleine Silben, die eine große Veränderung andeuten. Das Gesetz, das das Bundeskabinett an diesem Mittwoch verabschiedet hat, hieß im Koalitionsvertrag noch “Fachkräftezuwanderungsgesetz”. Nun ist daraus ein “Fachkräfteeinwanderungsgesetz” geworden.

Der Silbentausch ist nicht ohne Bedeutung. Lange hatten CDU und CSU mit dem Wort “Einwanderungsgesetz” gefremdelt. Weil “einwandern” anders als “zuwandern” suggeriert, dass Fachkräfte nicht wie früher nur auf Zeit bleiben sollen. Sondern dass sie den Anspruch und auch das Recht haben sollen, Teil der deutschen Gesellschaft zu werden.

Mit der Feststellung, dass Deutschland längst ein Einwanderungsland geworden ist, hat sich die Union lange schwer getan. Als ihr früherer CDU-Generalsekretär Peter Tauber 2014 ein Einwanderungsgesetz forderte, stieß er noch auf erbitterten Widerstand in den eigenen Reihen. Der Zuzug von fast einer Million Flüchtlingen im Jahr 2015 beendete die Debatte vorläufig. Der Union schien es damals politisch wenig opportun, zusätzlich über ein Einwanderungsgesetz für ausländische Fachkräfte zu diskutieren.

Eine deutliche Erleichterung

Nun kommt dieses Gesetz doch – und trotz aller Hürden, die die Union in letzter Minute noch für den Zuzug ausländischer Fachkräfte hineingeschrieben hat und vielleicht auch im Zuge der weiteren parlamentarischen Beratungen noch hineinverhandeln wird: Dass nun auch CDU und CSU offiziell anerkennen, dass Deutschland auf den Zuzug von ausländischen Fachkräften auch von außerhalb der EU angewiesen ist und diesen deutlich erleichtern will, bleibt ein wichtiger Paradigmenwechsel in der deutschen Politik.

Nun lässt sich an dem Gesetz sicherlich kritisieren, dass es in mancher Hinsicht noch immer zu kompliziert und zu halbherzig ist. Künftig sollen qualifizierte ausländische Fachkräfte zur Arbeitssuche für ein halbes Jahr nach Deutschland einreisen können. Aber das ist doch ein recht kurzer Zeitraum, um in einem fremden Land eine Arbeit zu finden. Auch dass nun Deutschkenntnisse auf einem ziemlich hohen Niveau Voraussetzung für die Einreise sein sollen, könnte die Wirksamkeit des Gesetzes einschränken. Doch all das sind Dinge, die sich mit der Zeit nachbessern lassen. Sollte sich zeigen, dass das Gesetz nicht die gewünschte Wirkung bringt, wird der Druck aus der Wirtschaft, die Regelungen weiter zu liberalisieren, die Politik schon zum Handeln bringen. Die Unternehmen werden in den kommenden Jahren auf zusätzliche Arbeitskräfte schließlich dringend angewiesen sein.

Sinnvolle Trennung

Sinnvoll ist, dass die Union durchgesetzt hat, dass Asyl- und Einwanderungsrecht auch weiterhin klar voneinander getrennt bleiben und die Aufenthaltsverlängerung für abgelehnte Asylbewerber mit Joberfahrung – die so genannte Beschäftigungsduldung nicht Teil des neuen Einwanderungsgesetzes sein wird.

Das Asylrecht dient dem Schutz von Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen. Hier dürfen Nützlichkeitserwägungen für den deutschen Arbeitsmarkt keine Rolle spielen. Das Einwanderungsgesetz dagegen macht Zuwanderung zu Recht davon abhängig, ob die entsprechenden Qualifikationen, die jemand mitbringt, hier auch gebraucht werden, oder nicht.

Dass man Flüchtlingen, die lange in Deutschland leben und ihren Lebensunterhalt selbst sichern können, dennoch eine Möglichkeit eröffnet, unter bestimmten Umständen dauerhaft in Deutschland zu bleiben zu können, ist gleichwohl richtig. Wie häufig von dieser Gebrauch gemacht wird, wird auch davon abhängen, wie gut das Asylsystem in Deutschland funktioniert. Wenn künftig schneller über Asylverfahren entschieden wird und die Möglichkeiten verbessert werden, abgelehnte Asylbewerber auch tatsächlich zurückzuführen, schwindet auch die Gefahr, dass das Asylrecht sich in ein heimliches Einwanderungsrecht verwandelt, bei dem – im Gegensatz zum echten Einwanderungsgesetz – eben nicht steuerbar ist, wer nach Deutschland kommt.

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