/Anschlag in München: Sechs Jahre Haft für Darknet-Plattform-Betreiber

Anschlag in München: Sechs Jahre Haft für Darknet-Plattform-Betreiber

Der Betreiber einer Darknet-Plattform, über die der Münchner Amokläufer vom Juli 2016 seine Waffe gekauft hatte, ist zu einer Gefängnisstrafe von sechs Jahren verurteilt worden. Das Landgericht Karlsruhe sprach den 31-Jährigen der fahrlässigen Tötung und Körperverletzung sowie der Beihilfe zu Waffen- und Drogendelikten schuldig.  

Im Juli 2016 hatte ein 18-Jähriger am und im Münchner
Olympia-Einkaufszentrum neun Menschen und sich selbst erschossen.
Pistole und Munition hatte sich der 18-Jährige über das Darknet besorgt.
“Der Amokläufer hätte die Waffe nicht kaufen können, hätte den Amoklauf
nicht begehen können”, sagte der Vorsitzende Richter – wenn der Angeklagte Verkäufer und
Käufer nicht in seinem Forum hätte zusammenkommen lassen. Die auf Cyberkriminalität spezialisierte Staatsanwaltschaft Mannheim hatte eine Gesamtstrafe von neun Jahren und fünf Monaten gefordert. Die beiden Verteidiger des Angeklagten verzichteten auf eine Forderung zum Strafmaß. 

Der Fall sei nicht ohne Tragik, sagte der Richter zum Abschluss des Prozesses, an dem Angehörige der Opfer des Münchner Amoklaufs als Nebenkläger teilnahmen. Der Angeklagte habe einen Bachelorabschluss in Informatik und hätte damit Sinnvolles anfangen können. Stattdessen habe er eine Plattform mit Namen “Deutschland im Deep Web” im verborgenen Teil des Internets geschaffen, über das zahlreiche Straftaten wie Rauschgift- und Waffengeschäfte abgewickelt wurden. Die Tat vor fast zweieinhalb Jahren gehöre zu den schrecklichsten Verbrechen in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg.

“Dass mit Waffen gehandelt wurde, war ihm egal”

Der Angeklagte hatte in der Verhandlung erklärt, er habe angenommen, dass beim Waffenhandel seiner Plattform nur Betrüger unterwegs seien. Er sei nicht von funktionsfähigen Waffen ausgegangen. Der Richter sagte dagegen, “wir glauben, dass mit Waffen gehandelt wurde, war ihm egal”. Zum Drogenhandel hatte der Informatiker gesagt, es sei ihm gleichgültig.  

Den eigentlichen Waffenhändler im Fall des Münchner Amoklaufs hatte das Landgericht München I im Januar 2018 zu sieben Jahren Haft verurteilt. Dieser Mann hatte Pistole und Munition an den jugendlichen Amokläufer verkauft.

Der Richter hielt dem 31-Jährigen zwar zugute, dass er seine Plattform 2013 in der an sich nicht verwerflichen Absicht eingerichtet habe, ein Forum für anonyme Kommunikation zu schaffen. “Für jedes auch schlichte Gemüt” hätte aber klar sein müssen, welche Gefahr von so einer Plattform ausgehe. Mit einer Wohnungsdurchsuchung beim Angeklagten in Karlsruhe im Juni 2017 wurde die Plattform abgeschaltet.

Das Verfahren sei zum Teil juristisches Neuland, sagte der Vorsitzende Richter. Mit der Frage der Haftung eines Plattformbetreibers für Straftaten habe sich die Justiz noch nicht häufig auseinandergesetzt. Solche neuen Fragen müssten heute noch mit Paragrafen aus der Kaiserzeit beantwortet werden. Allerdings gebe es beim Gesetzgeber inzwischen Bestrebungen, den Betrieb von krimineller Cyberinfrastruktur strafbar zu machen, sagte Radke.

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