/Diskriminierung an Schulen: Spiel nicht mit den AfD-Kindern

Diskriminierung an Schulen: Spiel nicht mit den AfD-Kindern

Der Einzelfall ist spektakulär. Ein Aufnahmegremium einer Berliner Waldorfschule hat nach einer Elternversammlung
und einer Befragung beider Eltern durch etwa 20
Lehrer entschieden, ein Kind abzulehnen, weil dessen Eltern in der AfD aktiv sind. Diese Begründung macht die Entscheidung brisant, weil es in das Schema der vermeintlichen und in manchen Fällen tatsächlichen Ausgrenzung der AfD und ihrer Anhänger passt. Darüber klagt die AfD ständig und ihre Gegner versuchen ihrerseits, immer wieder zu begründen, warum sie Ausgrenzung genau für den richtigen Umgang halten. Der Fall zeigt aber noch etwas Größeres, Grundsätzlicheres. Etwas, das weniger mit der AfD und mehr mit der gefährlichen Logik von Privatschulen zu tun hat.

Es ist deren gutes Recht, ihre Schüler auszuwählen. Die Philosophie, die zum Beispiel hinter einer Waldorfschule steht, ist speziell. Sie durchzieht den gesamten Lehrplan, ja sogar die Gebäude der Schule. Die Eltern müssen das mittragen. Sonst funktioniert es nicht.

Haben Lehrer wirklich keine Chance?

Aber Schulen haben auch die Aufgabe, Kinder auf das Leben in der Gesellschaft
vorzubereiten. Auf die Vielfalt, auf Toleranz, auf extreme Meinungen.
Natürlich muss die Klasse auch ein Schutzraum sein. Doch besteht
wirklich die Gefahr, dass ein Kind, das bislang offenbar reibungslos
einen Waldorfkindergarten besuchte, beim Übergang auf die Schule
anfangen würde, seine Mitschüler zu ideologisieren? Und hätten dann
wirklich die Lehrer keine Gelegenheit mehr, Einfluss auf das Kind zu
nehmen? Vielleicht ja, vielleicht auch nicht, auf jeden Fall würde die Konstellation erst mal zu Misstrauen zwischen Eltern, Lehrern und vielleicht auch zwischen den Schülern führen. Eine Situation, der sich manche Schulen gar nicht erst stellen wollen.

Das ist die Gefahr: dass Privatschulen ihr Recht, sich die Schüler auszusuchen, dazu nutzen, sich eine möglichst konfliktfreie und homogene Gemeinschaft zusammenzustellen. Jedes Kind, das so anders ist, dass es droht, den Betrieb aufzuhalten und die Lernergebnisse der Mitschüler runterzuziehen, wird so zum Störer, der vielleicht besser aussortiert werden muss. Was Kinder aus dem Umgang mit denen, die anders sind und anders denken, lernen könnten, spielt keine Rolle. Höchstens in Quoten zu sehr kleinen Prozentsätzen.

Wir fühlen uns von Meinungen bedroht

Die immer umfangreicheren Castings sollen nicht nur die besten Schüler an die Schule
bringen, sondern auch dafür sorgen, dass sich nicht ein paar
unerwünschte einmischen. Früher war vor allem das Geld ein Mittel, die
Schüler auszuwählen, es wurde angewendet von den reicheren
Privatschulen. Heute gilt bereits an vielen Schulen: die Auswahl der einen und die Diskriminierung der anderen.

Wir ertragen die Öffentlichkeit, so, wie sie ist, immer weniger. Und auch die Vielfalt. Von der Meinung des Andersdenkenden fühlen wir uns bedroht in unseren Werten, in unserem Selbstverständnis, in unserer Existenz. Deswegen schotten wir uns ab. Für gereifte, erwachsene Menschen ist dieses Leben in Blasen in gewisser Weise vielleicht sogar vertretbar. Aber kann dasselbe für eine Schule gelten? Sie soll doch die Kinder auf ein Leben vorbereiten, in dem nicht alle so sind wie sie. Deshalb wird es Zeit für eine Debatte darüber, wie auch Privatschulen mit ihrer starken Selektion diesem Anspruch gerecht werden können.

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