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Brexit: Es ist eine Farce

Großbritannien ist an der Komplexität des Brexits vorerst gescheitert. Anders kann man die Entscheidung von Premierministerin Theresa May, die Abstimmung über den Kompromiss mit der EU zu vertagen, nicht werten. Bis heute haben die Briten keine kohärente und vor allem mehrheitsfähige Strategie, wie das künftige Verhältnis zur Europäischen Union aussehen soll, obwohl die EU Großbritannien im Rahmen ihrer Möglichkeiten entgegengekommen ist. Der Streit um die irische Grenze ist dabei nur ein Beispiel von vielen. Der geplante EU-Austritt hat die Regierung und das Parlament in London über alle Parteigrenzen hinweg fragmentiert und gespalten. Im schlimmsten Fall waren zweieinhalb Jahre Verhandlungen umsonst.

Das Brexit-Referendum war für sich genommen schon eine schlechte Idee. Eine so komplexe Frage, die weitreichende wirtschaftliche und rechtliche Konsequenzen für künftige Generationen hat, kann schwerlich in ein simples Ja/Nein-Schema gepresst werden. Es geht um mehr als nur ein Drinnen oder Draußen – egal, ob man die EU als supranationales Konstrukt ablehnt oder nicht. Die EU hat in den vergangenen Jahrzehnten ein engmaschiges Netz zwischenstaatlicher Kooperationen geknüpft. Sich davon auch nur in Teilen zu verabschieden, ist ein extrem komplexes Unterfangen.

Der Populismus regiert Großbritannien

Versteht man das Ergebnis des knappen und nicht bindenden Referendums trotzdem als unumstößlichen Willen des Volkes, hatte die britische Politik genug Zeit, sich Gedanken zu machen, wie sie diesen Willen umsetzen kann, wie viel drinnen und wie viel draußen ihr vorschwebt. Ob es mehr Norwegen oder doch eher Kanada sein soll. Wie mit der irischen Grenze umzugehen ist oder wie viel ökonomischer Schaden im Tausch für ein Mehr an gefühlter nationaler Souveränität akzeptabel erscheint.

Eine tiefgreifende Auseinandersetzung über die Folgen eines Brexits und die künftige Rolle Großbritanniens in Europa hat jedoch erst viel zu spät und nur in Ansätzen stattgefunden. Die Debatte war von Beginn an ideologisch und nationalistisch geprägt. Sie war getragen von vermeintlich wirtschaftsliberalen oder wahlweise sozialistischen Fantasien, die langfristig wenig dazu beigetragen hätten, die selbst verschuldeten Probleme Großbritanniens zu lösen, für die aber viele Briten immer wieder gerne Brüssel verantwortlich machen.

Den britischen Bürgern wurden vollmundige, aber wenig realistische Versprechen gemacht: Es sei möglich, aus der EU auszutreten und gleichzeitig weiterhin alle Vorteile zu genießen (Jeremy Corbyn). Die Konsequenzen eines Austritts ohne Abkommen mit der EU seien vernachlässigbar (Boris Johnson). Großbritannien müsse nur härter auftreten, dann werde die EU schon nachgeben (Jacob Rees-Mogg). Unterstützt wurde dieser realitätsferne Populismus von einer britischen Boulevardpresse, die bis zuletzt liebend gerne gegen Brüssel polemisiert hat.

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