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AfD-Parteijugend: Junge Alternative will sich selbst überwachen

Die AfD ist in einer angespannten Lage: Die Verwaltung der Bundestagsfraktion ist von internen Kämpfen um Kompetenzen und Zuständigkeiten erschüttert, Wirtschaftsprüfer checken die Bücher; gegen Fraktionschefin Alice Weidel ermittelt wegen dubioser Großspenden die Staatsanwaltschaft. Der Verfassungsschutz prüft, ob er den Thüringer Landesverband des Nationalisten Björn Höcke beobachtet. Und die bisher 1.800 Mitglieder starke Junge Alternative, per Satzungsbeschluss anerkannt als Jugendorganisation der AfD, stämmt sich gegen ihre Auflösung.

Genauer: das, was von der Jungen Alternative übrig ist, seit der Verfassungsschutz mehrere Landesverbände wegen verfassungsfeindlicher Tendenzen ins Visier nahm: Der in Niedersachsen löste sich daraufhin gleich selbst auf. In Baden-Württemberg erklärten mindestens 50 der 260 Mitglieder ihren Austritt, darunter auch der Landesvorsitzende. Zurück blieb ein Kern von Hardline-Jungalternativen.

Einzelne Vertreter des Bundesvorstands wollten den radikalen Umtrieben eines Teils seiner Jugendorganisation ein Ende setzen und überlegten daher, eine AfD-Jugendorganisation einfach “aus der Partei heraus” neu zu gründen und der bestehenden Organisation die Unterstützung zu entziehen. Doch sie setzten sich nicht durch: Denn die verbliebenen jungen Hardliner hatten wiederum ihre Unterstützer im Parteivorstand mobilisiert. Der beschloss daraufhin,  die Entscheidung weiterzudelegieren: Jetzt soll ein Bundeskonvent, das ist eine Art kleiner Parteitag, über die Zukunft der Jungen Alternative entscheiden.

Parallel verfassten die Hardliner in der Jugendorganisation ein Elf-Punkte-Papier: Auf den ersten Blick liest es sich wie ein Manifest der Mäßigung: Man werde das Deutschlandlied (“Deutschland, Deutschland über alles”) nicht mehr in allen drei Strophen auf Veranstaltungen singen, sondern nur noch die dritte, heißt es in dem ZEIT ONLINE vorliegenden Dokument. Die dritte Strophe des Deutschlandlieds ist die deutsche Nationalhymne.

Auffällige Mitglieder sollen schneller aus der Jugendorganisation der AfD ausgeschlossen werden können, die Probezeit für Neuzugänge auf ein halbes Jahr verlängert. Das werde die durch “Fehlverhalten von Einzelpersonen” verursachte Vertrauenskrise lösen, schreiben die Autoren aus 13 Bundesländern in dem Dokument. Dessen Kernbotschaft soll also sein: Seht her, wir sind doch gar nicht so schlimm. Die verbalen Entgleisungen der vergangenen Monate – alles Einzelfälle.  

Zweifel lässt ein weiteres Detail aufkommen: Die für die Kommunikation und Mobilisierung so wichtigen WhatsApp- und Facebook-Gruppen der Jungen Alternative sollen künftig pro Landesverband “zwei unabhängige Verantwortliche (…) überwachen und einem einzurichtenden Bundesgremium Verstöße melden”. Solche Selbstkontrolle kommt unerwartet von der AfD-Jugend, die so entschieden wie keine Parteigruppe sogenannte Denk- und Sprechverbote ablehnt. Und ganz ans Ende geschoben ist die Forderung, die “Einheit der Jugendorganisation” und der “mühsam aufgebauten Strukturen zu erhalten”. Einer Neugründung erteile man eine Absage.

Die Spitzenvertreter des nationalistischen AfD-Flügels um den Thüringer Politiker Björn Höcke sollen “massiven Druck” ausgeübt haben, dass möglichst viele Junge Alternativler das Papier unterzeichnen, ist aus Kreisen der Reformer zu hören. Die Liberaleren in der AfD sehen das Papier als Beruhigungspille für den Parteivorstand, es sei also wenig glaubwürdig.

Eher austreten als neu anfangen

Ob künftig Radikale oder Reformer in der Jugendorganisation das Sagen haben, könnte bald klarer werden: Noch vor Weihnachten werden die Jungalternativen in Hamburg und NRW zu Landesmitgliederversammlungen einladen, Schleswig-Holstein könnte im Januar folgen. Das Ziel der Reformer dabei: die notwendige Zweidrittelmehrheit für eine freiwillige Selbstauflösung des Jugendverbands zusammenzubekommen und sich anschließend neu zu gründen – ohne das angedrohte Eingreifen des Bundesvorstands. In Mitgliederforen kursieren erste Namensvorschläge.

In den anderen Landesverbänden ist allerdings keine derartige Tendenz zu beobachten. Völlig unklar sei zudem, ob in der Vorweihnachtszeit genügend reformwillige Mitglieder zu den Landesmitgliederversammlungen anreisen, sagt einer aus der Führung. Zumal die vom Höcke-Flügel der Partei unterstützen Hardliner besser mobilisieren könnten. Viele von den Querelen um die Junge Alternative ermüdeten Mitglieder würden eher austreten, als sich für einen Neuanfang zu engagieren.

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