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UN-Klimakonferenz: Ein EU-Programm für den gerechten Kohleausstieg

Nur China und Indien verbrauchen mehr Kohle als die Europäische Union. Der Ausstieg fällt schwer: wegen der Energiesicherheit, heißt es, und weil zu viele Arbeitsplätze vernichtet würden. Dabei könnte die EU mit relativ wenig Geld einen solidarischen Kohleausstieg organisieren, schreibt Simone Tagliapietra, Experte für Energie- und Klimapolitik beim Thinktank Bruegel in Brüssel.

Seit einer Woche läuft die diesjährige Klimakonferenz der Vereinten Nationen (COP24) in Katowice, der europäischen Kohlehauptstadt. Die Delegierten werden dort in
den nächsten Tagen sicher eine dicke Smogdecke über der Stadt erleben. Sie erinnert daran, wie dringend es ist,
auf eine saubere Energiegewinnung umzustellen.

Auch die jüngsten Entwicklungen der globalen CO2-Emissionen zeigen: Die Welt weicht derzeit
weit ab von dem in Paris vereinbarten Kurs zur Bekämpfung des
Klimawandels. Im vergangenen Jahr erreichten die weltweiten
energiebedingten CO2-Emissionen mit 32,5 Gigatonnen einen historischen
Höchststand. Vorläufige Daten der Internationalen Energieagentur
deuten darauf hin, dass sich der Trend in diesem Jahr noch
verstärken wird. Außerdem führt energiebedingte Luftverschmutzung, wie die in
Katowice, nach wie vor jedes Jahr zu Millionen von
vorzeitigen Todesfällen.

Die Kohle macht weltweit rund ein Viertel der energiebedingten CO2-Emissionen aus und ist insgesamt der umweltschädlichste Teil des Energiemixes. Die drei
wichtigsten Verbraucher von Kohle sind: China (50 Prozent), Indien (11 Prozent) und – die Europäische Union (6 Prozent).

Nur wenige Länder legen ihre Kohlekraftwerke vollständig still

Kohle spielt also auch für mehrere EU-Länder weiterhin eine wichtige Rolle bei der
Stromerzeugung: 80 Prozent in Polen und über 40 Prozent in der Tschechischen Republik, Bulgarien, Griechenland und Deutschland. Sogar die Erdgas
exportierenden Niederlande produzieren 35 Prozent ihres Stroms mit Kohle. Nur
wenige EU-Länder, nämlich Großbritannien, Frankreich, Italien und die
Niederlande, haben sich bisher verpflichtet, ihre Kohlekraftwerke
vollständig stillzulegen. Das muss sich ändern.

Denn aus klimatechnischer Sicht ist Kohle der schädlichste Energieträger, sogar
im Vergleich zu anderen fossilen Brennstoffen. Ein Kohlekraftwerk
emittiert 40 Prozent mehr Kohlendioxid als ein Gaskraftwerk, das die gleiche
Menge an Strom erzeugt, und 20 Prozent mehr als ein Erdölkraftwerk. Oder anders
ausgedrückt: Kohle ist für 75 Prozent der CO2-Emissionen im europäischen
Stromsektor verantwortlich, produziert aber nur 25 Prozent unseres Stroms.
Stromerzeugung macht ein Viertel der gesamten CO2-Emissionen Europas aus. Wenn sie umweltfreundlicher wird, trägt das dazu bei, auch andere Sektoren umweltfreundlicher zu machen.
Die Dekarbonisierung der Elektrizitätsproduktion ist unerlässlich.
Schließlich bringt eine Umstellung auf Elektroautos wenig, wenn wir
diese mit Kohlestrom betreiben.

Kohlekraftwerke in Europa sind darüber hinaus für den größten Teil der freigesetzten
Schwefeloxide, Stickoxide und Feinstaubpartikel in der Luft
verantwortlich. Diese Schadstoffe können in den menschlichen Körper
gelangen und verschiedene Gesundheitsprobleme verursachen, von
Lungenkrebs bis Herzinfarkt.

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