/Altersvorsorge: Ein Deutschlandfonds statt Aktien für Arme

Altersvorsorge: Ein Deutschlandfonds statt Aktien für Arme

Der Vorschlag von Friedrich Merz,
Aktieneigentum steuerlich zu fördern, ist ein Beispiel für eine gut gemeinte
Idee. Es ist erfreulich, dass mittlerweile fast alle politischen
Parteien erkannt haben, wie groß das Problem der fehlenden Altersvorsorge in
Deutschland ist. Nach einer Studie
des DIW Berlin
muss mehr als die Hälfte derer, die
in den kommenden Jahren in Rente gehen, eine zum Teil massive Einschränkung
ihres Lebensstandards hinnehmen, weil die gesetzliche Rente bei einem
Rentenniveau von 48 Prozent ihres durchschnittlichen Lebenseinkommens nur wenig
bietet.

Friedrich Merz hat auch recht mit der Einschätzung, zu wenige Menschen in Deutschland
würden Aktien halten. Denn auch wenn mancher Aktien als eine kurzfristig
spekulative Anlage verpönt: Sie sind langfristig gesehen eine vergleichsweise stabile Anlage. Die meisten
Deutschen halten ihr
Erspartes auf dem Sparkonto. Doch das wirft wegen der niedrigen Zinsen seit Jahren wenig ab. Hingegen konnten sich Eigentümerinnen und Eigentümer von Aktien jährlich über
sehr hohe, zum Teil zweistellige Renditen freuen. In der Theorie klingt die Idee von Friedrich Merz
also plausibel. Mit einem Anteil von 20 Prozent Aktien am gesamten Ersparten
hätten viele Deutsche dessen Wert in den letzten zehn Jahren deutlich steigern
können.

Und dennoch geht der Vorschlag komplett an der Realität der Menschen vorbei: Denn 40 Prozent der Deutschen haben überhaupt
kein Erspartes. Sie haben schlichtweg nichts, wovon sie sich Aktien oder auch
nur eine mittlere Spareinlage leisten könnten. Viele andere haben zu wenig, um
systematisch sparen zu können.

Ein großer Teil der Bevölkerung hält nichts

All diese Menschen sind im Alter von Armut bedroht. Ihr Problem ist aber nicht, dass sie keine Aktien halten, sondern, dass sie
gar nichts halten. Denn sie brauchen ihr monatliches Einkommen zum Leben, um
die Miete zahlen zu können, um ihren Kindern einen Ausflug ins Kino zu
ermöglichen, eine kaputte Waschmaschine zu ersetzen oder sich einen
bescheidenen Urlaub leisten zu können. Viele benötigen Monat für Monat ihr
gesamtes Einkommen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten; für Millionen Erwerbstätige
ist sogar das zu wenig und sie müssen aufstocken, um über die Runden zu kommen.
Diese Menschen aufzufordern, Aktien zu kaufen, ist geradezu zynisch.

Die
zentrale Frage für die private Vorsorge ist nicht, wie der Staat die Menschen
dazu bringt, Aktien zu halten, sondern, wie er ihnen ermöglicht, eine
ordentliche, gut bezahlte, auskömmliche Arbeit zu bekommen.

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