/Europäischer Gerichtshof: Großbritannien könnte Brexit laut EUGH-Gutachter einseitig stoppen

Europäischer Gerichtshof: Großbritannien könnte Brexit laut EUGH-Gutachter einseitig stoppen

Großbritannien könnte den Brexit-Antrag aus Sicht des zuständigen Gutachters am
Europäischen Gerichtshof (EuGH) ohne die Zustimmung der anderen EU-Staaten zurückziehen. Das Austrittsverfahren würde so gestoppt, sagte Generalanwalt Manuel Campos
Sánchez-Bordona. Diese Möglichkeit bestehe bis zum Abschluss eines
Austrittsabkommens. Sánchez-Bordona schlug dem Gericht vor, in seinem späteren Urteil festzustellen,
dass Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union das zulasse. Der Artikel regelt den Austritt aus der EU. Wann eine
Entscheidung fällt, blieb zunächst unklar. Der EuGH folgt den Empfehlungen der Gutachter aber zumeist.

Die EU-Kommission und der Rat der Mitgliedsländer hatten vor dem EuGH die Auffassung vertreten, das Verfahren lasse sich nur mit einem einstimmigen Beschluss des Rats stoppen. Der EuGH-Generalanwalt sieht das anders. Er schließt das unter anderem aus dem Wiener Abkommen über das Recht
der Verträge: Demnach könne die Benachrichtigung über den Rücktritt von einem
völkerrechtlichen Vertrag jederzeit zurückgenommen werden. Aber auch aus
dem Artikel 50 lasse sich das schließen. Denn dort sei die Rede davon,
dass ein EU-Staat “seine Absicht” zum Austritt mitteilen dürfe. Eine
solche Absicht könne sich ändern.

Allerdings nennt das Gutachten bestimmte Voraussetzungen. Wie
die Austrittsabsicht müsste auch die Rücknahme den übrigen EU-Ländern
förmlich mitgeteilt werden. Und Großbritannien müsste seine
Verfassungsvorgaben einhalten. Da das Parlament zustimmen musste, bevor
die Regierung den Austrittsbrief nach Brüssel schickte, müsste das
logischerweise auch für die Rücknahme gelten, argumentiert Campos
Sánchez-Bordona.

Das oberste schottische Zivilgericht
hatte den Europäischen Gerichtshof um eine Bewertung gebeten.
Großbritannien hatte im März 2017 offiziell seine Absicht zum Austritt
aus der Europäischen Union bekanntgegeben. Damit begann ein zweijähriges
Verfahren nach Artikel 50 der EU-Verträge, das regulär mit dem Brexit
am 29. März 2019 endet.

Das britische Parlament diskutiert am Dienstagnachmittag erneut über die Brexit-Vereinbarung, die Premierministerin Theresa May mit der EU ausgehandelt hat. Es ist völlig offen, ob am Ende eine Mehrheit der Abgeordneten dafür stimmen wird. Wenn nicht, droht ein Austritt ohne Vertrag mit schweren Folgen für die Wirtschaft. Einige britische Politiker fordern deshalb ein zweites Referendum über den Austritt.

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