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UN-Klimakonferenz: Es geht um die Art, wie wir leben

Vordergründig ist das, was auf dem diesjährigen Klimagipfel verhandelt wird, ziemlich öde: Es geht in Katowice vor allem um technische Fragen. Die Delegationen aus fast 200 Staaten sollen sich bis zum 14. Dezember darüber einig werden, durch welche Regeln das Klimaabkommen von Paris in praktische Politik umgesetzt werden soll. 

Wie werden die Emissionen gemessen? Wie transparent muss die Buchführung der Staaten sein? Gelten dabei gleiche Maßstäbe für alle? Es sind knifflige Detailfragen, mit denen die juristischen und diplomatischen Nerds sich in den kommenden zwei Wochen auseinandersetzen werden. Sich über sie zu einigen, ist unerlässlich, um die internationale Klimapolitik messbar und vergleichbar zu machen. Aber große Fortschritte im konkreten Klimaschutz sind vom offiziellen Programm in Katowice nicht zu erwarten.

In Wahrheit geht es gerade auf diesem Klimagipfel ums große Ganze. Denn die Warnungen der Wissenschaft sind in den vergangenen Wochen immer drängender geworden. In Paris hatte man sich 2015 in einem historischen Abkommen darauf geeinigt, die Erwärmung der Erde möglichst bei einem Wert unter plus zwei Grad Celsius zu begrenzen – und meinte damit plus 1,5 Grad. Doch wenn die Menschheit so weitermacht wie bisher, erwärmt sich der Planet eher um drei bis vier Grad Celsius. Um überhaupt noch eine Chance auf die 1,5 Grad zu haben, forderte der Weltklimarat IPCC in diesem Herbst “schnelle, weitreichende und beispiellose Änderungen in allen gesellschaftlichen Bereichen”.

Das bedeutet: Das herrschende Wirtschaftssystem müsste sich von Grund auf ändern, um den Klimawandel zu begrenzen. Wir bräuchten nicht nur grünes Wachstum, sondern eine Wirtschaft, die gerade mit weniger Wachstum gut funktioniert – und vor allem Ideen, wie Produktion und Verteilung dann so organisiert werden können, dass möglichst alle gut vom erwirtschafteten Wohlstand leben können.

Wie gelingt ein gerechter Übergang?

Die Diskussion darüber findet statt, und trotzdem kommen viele Regierungen – auch die deutsche – in der Klimapolitik nicht voran. Weltweit erreichen die Emissionen neue Rekordwerte. Der Widerstand gegen eine konsequente Klimapolitik aber wächst: weil mächtige Interessen gegen sie stehen, und vielleicht auch, weil immer mehr Menschen begreifen, wie tief die Veränderungen gehen müssten, und dass es ohne Verzicht nicht gehen wird – und weil der Wandel hin zu einer klimafreundlichen Wirtschaft eben auch Existenzen bedroht, beispielsweise die der Kohlearbeiter. 

So gesehen geht es auf diesem Klimagipfel tatsächlich um alles. Die Vorzeichen sind nicht eben vielversprechend: Der Multilateralismus ist in der Krise. Die USA bestehen darauf, sich aus dem Pariser Klimaabkommen zurückzuziehen. Zuletzt hat auch Brasilien Widerstand signalisiert. Den gibt es auch am Konferenzort selbst, denn Katowice liegt mitten im Kohlerevier, und die polnische Regierung will, dass die Zukunft der Arbeiter auf dem Gipfel eine zentrale Rolle spielt. “Gerechter Übergang”, just transition, lautet ihr Motto dafür.

Doch gerecht kann der Übergang nur sein, wenn er auch die Interessen künftiger Generationen berücksichtigt und die jener Menschen, die heute schon vom Klimawandel betroffen sind. Gerade weil sich Katowice in einem Kohlegebiet befindet, könnte es der richtige Ort sein, um darüber zu verhandeln, wie eine gerechte Transformation aussehen könnte. Der richtige Zeitpunkt dafür ist jedenfalls: genau jetzt.

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