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Klimapolitik: Endlich geht es ums Geld

Christian Imark murmelt eine Zahl nach der anderen ins Telefon. Immer wieder blättert er daneben in seinen Unterlagen und gibt die nächste durch. 29 Rappen. 3000 Liter. Raschel, raschel. 8 Rappen. 20.000 Kilometer. 8 Liter. Raschel, raschel. 325 Franken. “Das macht, Moment”, sagt Imark: “1323 Franken.”

So viel mehr müsse ein Schweizer Haushalt pro Jahr künftig ausgeben, wenn das Parlament das totalrevidierte CO₂-Gesetz annehme. Verkraftbar, meinen die vorberatende Kommission und der Bundesrat. Der Solothurner SVP-Nationalrat aber sagt: “Das Gesetz wird für den Mittelstand teuer, ohne dass es Probleme löst.” Es gefährde unseren Wohlstand.

Wenn es ums Klima geht, geht es immer ums Ganze. Um die Welt und die Frage, ob und wenn ja wie sie gerettet werden muss oder kann. Immer häufiger geht es dabei aber auch ums Geld. Gerade in einem reichen Land wie der Schweiz

Und das ist gut so.

In Bern beginnen am nächsten Montag im Nationalrat die Beratungen über das revidierte CO2-Gesetz. Am selben Tag startet im polnischen Katowice der 24. Weltklimagipfel. Nachdem sich die Staatengemeinschaft im Dezember 2015 in Paris auf ein globales Klimaabkommen geeinigt hat, sollen die Diplomaten und Minister, die Schweiz schickt Bundespräsident Alain Besert und Umweltministerin Doris Leuthard, in Polen nun das sogenannte “Pariser Regelbuch” beschließen. Darin steht, wie der Beschluss, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf 2 Grad oder noch besser auf 1,5 Grad Celsius zu beschränken, umgesetzt werden soll. Also welches Land wie viel CO₂ einspart, welche seiner Maßnahmen in der Statistik berücksichtigt werden – und wie das Ganze kontrolliert wird.

In Polen rechnet man in Milliarden und Millionen, die die reichen Staaten in Fonds einzahlen sollen, um den ärmeren Ländern zu helfen, die vom Klimawandel besonders stark betroffen sind und bereits heute von ihm gebeutelt werden. In der Schweiz streiten sich die National- und Ständeräte über ein paar Hunderter mehr oder weniger, die in der Haushaltskasse von Herrn und Frau Schweizer fehlen könnten.

Das große Ganze wird ganz konkret.

Aber was ist dran an den 1323 Franken und an der Milchbüchlein-Rechnung von SVP-Nationalrat Imark? Er stellt sich den Schweizer Modellhaushalt als vierköpfige Familie vor, die ein Einfamilienhaus bewohnt und ein Auto besitzt. Um das Haus zu beheizen, verbrennt sie jährlich 3000 Liter Heizöl, und mit dem Auto, das auf 100 Kilometer acht Liter Benzin verbraucht, legt die Familie jedes Jahr 20.000 Kilometer zurück.

Wenn nun der Liter Heizöl mit 29 zusätzlichen Klimarappen belastet wird, so wie es das CO₂-Gesetz vorsieht, und wenn außerdem auf jeden Liter Benzin acht Rappen draufgeschlagen werden, um die Umweltschäden zu kompensieren, die das Autofahren verursacht, und wenn SVP-Kopfrechner Imark schließlich kalkuliert, dass sich die Konsumgüter um jährlich 325 Franken verteuern, wenn sie klimafreundlicher hergestellt und transportiert werden müssen, dann macht das 1323 Franken. “Das ist einschneidend”, sagt er.

Nun gibt es einige Gründe, an dieser Rechnung und damit an den 1323 Franken zu zweifeln. Das beginnt bei der Größe der Haushalte: Lediglich 23 Prozent aller Schweizer leben mit drei Personen unter einem Dach, und in gerade mal 40 Prozent der Gebäude in der Schweiz wird mit Öl geheizt. Vor dreißig Jahren stand noch in über 60 Prozent der Keller ein Öltank.

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