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Moskau: Alexej Nawalny schließt Vergiftungsversuch nicht aus

Russland – Laut seiner Ärztin könnte Alexej Nawalny vergiftet worden sein
Der Oppositionelle wurde mit Allergiesymptomen in eine Klinik eingeliefert. Inzwischen ist er wieder im Gefängnis. Nawalnys Ärztin und Anwältin vermuten eine Vergiftung.
© Foto: Vasily Maximov/AFP/Getty Images

Der russische Kreml-Kritiker Alexej Nawalny hat sich nach einer angeblichen allergischen Reaktion und einer vorübergehenden Einlieferung in ein Moskauer Krankenhaus in einem Blogeintrag zu Wort gemeldet. Er sehe aus und fühle sich wie jemand, “der eine Woche getrunken hat”, schrieb der russische Oppositionelle. Auf einem Foto ist er dort mit roten Augenrändern zu sehen.

Der 43-Jährige wurde am Sonntag aus dem Gefängnis in ein Krankenhaus eingeliefert. Er sitzt dort eine 30-tägige Haftstrafe ab, weil er zu einem nicht genehmigten Protest am Wochenende aufgerufen hatte. Den gesundheitlichen Zwischenfall bezeichneten Nawalny und seine Unterstützer als Vergiftungsversuch. Russische Behörden hingegen erklärten zuvor, Nawalny sei wegen einer “schweren allergischen Reaktion” behandelt worden.

Nawalny erhebt auch gegen Ärzte Vorwürfe

Dem setzte Nawanly nun in dem Blogeintrag entgegen: “Ich hatte nie eine Allergie.” Dem Eintrag zufolge hätten ihn zunächst Mithäftlinge auf seinen roten Hals aufmerksam gemacht, wenig später habe er bereits ein Brennen im Gesicht gespürt. In der Nacht sei er dann vor Schmerzen aufgewacht und habe erstmals an eine mögliche Vergiftung gedacht. Im Krankenhaus hätten sich die Ärzte verhalten, “als ob sie etwas verbergen müssten”. Die Gefängniswächter vermutet Nawalny nicht hinter dem Vorfall, da diese “noch schockierter” als er über sein Aussehen gewesen seien.

Nawalny wolle nun die Aufnahmen der Überwachungskameras sehen, um herauszufinden, ob sich jemand in seine Zelle geschlichen hat, als er sich zu einem Spaziergang draußen befand. Bettwäsche und Hygieneartikel seien seine eigenen, daher fiele ihm nichts Plausibles ein, außer, dass jemand möglicherweise giftige Substanzen dort ablegte.

Der Vorwurf der Vergiftung wurde bisher nicht bestätigt. Nach Angaben von Nawalnys Ärztin, Anastasia Wassilewa, am Montag könnten die Schwellungen und der Ausschlag im Gesicht aber von giftigen Chemikalien ausgelöst worden sein. Auf Facebook kritisierte auch sie das Verhalten der Ärzte im Krankenhaus, wonach diese die Ursache der Symptome des Kreml-Kritikers nicht untersuchen wollten. Vor Reportern sprach zudem Nawalnys Anwältin von einer “Vergiftung, durch irgendeine Art von chemischer Substanz”.

Krankenhaussprecher: Nawalny in zufriedenstellendem Zustand

Ein Sprecher des Krankenhauses äußerte sich gegenüber der Nachrichtenagentur AFP nicht zur Diagnose der Ärzte. Über Nawalny sagte er, dass er in einem “zufriedenstellenden Zustand” sei, seine Körpertemperatur liege bei 36,6 Grad.

Nawalny ist einer der prominentesten Kritiker des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Er hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Demonstrationen organisiert, was ihm immer wieder kurze Haftstrafen einbrachte. Am Samstag waren nach Angaben der russischen Nichtregierungsorganisation OWD-Info rund 1.400 oppositionelle Demonstranten auf einer nicht genehmigten Kundgebung für freie Kommunalwahlen in Moskau festgenommen worden. Rund 3.500 Menschen hatten laut offiziellen Angaben gegen den Ausschluss zahlreicher Oppositionskandidaten von der für September geplanten Kommunalwahl in Moskau demonstriert. Für kommenden Samstag rief die Opposition zu erneuten Protesten auf.

Die Bundesregierung forderte am Montag die rasche Freilassung der inhaftierten Demonstranten. Vizeregierungssprecherin Ulrike Demmer rief zudem die russische Regierung “zur Einhaltung der Prinzipien von OSZE und Europarat” auf, was demokratische Grundsätze wie die Meinungsfreiheit betreffe. Auch Frankreich forderte eine “rasche Freilassung” der Festgenommenen. Zuvor hatten bereits die EU und die USA den Polizeieinsatz in Moskau als unverhältnismäßig verurteilt.

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