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MH17: Wladimir Putins ganz eigene Version

Alle 298 Insassen starben, als vor knapp fünf Jahren über der Ostukraine ein Passagierflugzeug der Malaysia Airlines abgeschossen wurde. Nun hat das internationale Ermittlerteam JIT am Mittwoch die Namen von Verdächtigen genannt. Im März 2020 soll ein Prozess gegen die vier Männer in den Niederlanden beginnen, sie werden wegen mehrfachen Mordes angeklagt. Doch obwohl gegen die drei russischen und einen ukrainischen Staatsbürger Haftbefehle ausgestellt wurden, ist es unwahrscheinlich, dass sie tatsächlich vor Gericht erscheinen. Der Prozess wird dann in ihrer Abwesenheit geführt. 

Igor Girkin, einer der Verdächtigen, lebt ganz offen in Russland, er wird regelmäßig interviewt und nimmt an öffentlichen Veranstaltungen teil. Im Frühjahr und Sommer 2014 führte Girkin, damals bekannt unter dem Decknamen Strelkow, die Streitkräfte von prorussischen Separatisten in Donezk an. Wenn man ihn am Telefon erreicht, sagt er nur kurz, er habe nichts hinzuzufügen zu dem, was er am Mittwoch auf seiner Seite im sozialen Netzwerk VKontakte geschrieben habe: “Die Rebellen haben die Boeing nicht abgeschossen.” Das ist die Erklärung, die er schon seit einigen Jahren wiederholt. 

Auch der andere Verdächtige, Sergej Dubinskij, teilt per Nachricht mit, er wolle den Fall nicht kommentieren, weil “die Ermittlung absolut politisiert ist”. Früher hat er russischen Medien gegenüber seine Schuld stets bestritten. Im Sommer 2014 leitete er die Spionageabwehr der Rebellen in Donezk. Laut JIT-Ermittlern, die aus den Niederlanden, Malaysia, der Ukraine, Australien und Belgien stammen, war er zu diesem Zeitpunkt noch im Dienst des Geheimdienstes GRU der russischen Armee. Er soll für den Transport des russischen Luftabwehrsystems Buk, aus dem die Boeing abgeschossen wurde, verantwortlich gewesen sein. Die beiden anderen Verdächtigen, der Russe Oleg Pulatow und der Ukrainer Leonid Chartchenko, sollen für den Geheimdienst der Separatisten gearbeitet haben.

Bilder, Nachrichten, Telefonate

Die Ermittler werden Russland und die Ukraine darum bitten, alle Informationen über ihre jeweiligen Staatsbürger zur Verfügung zu stellen. Ein Auslieferungsgesuch wurde nicht gestellt, denn die beiden Länder liefern ihre Bürger prinzipiell nicht ins Ausland aus. Die Ukraine aber versprach bereits, alles Mögliche dafür zu tun, um den ukrainischen Verdächtigen zu finden und mit dem niederländischen Gericht zu kooperieren. Die Chancen dafür stehen allerdings schlecht, weil die ukrainischen Behörden keine Kontrolle über die Separatistengebieten haben. 

Aus Russland dagegen kommen Vorwürfe, die Ermittlungen seien politisch motiviert. Das russische Außenministerium sprach von “absolut unbegründeten Anschuldigungen”. Auch der russische Präsident Wladimir Putin sprach die Frage an diesem Donnerstag nach seiner Bürgerfragestunde an. “Wir sind der Meinung, dass es dort keine Beweise gibt”, sagte er. “Wir haben unsere eigene Version, die wir zur Verfügung gestellt haben, doch niemand hört uns zu.” 

Bereits seit einigen Jahren besteht Russland darauf, mit dem Abschuss der Boeing nichts zu tun zu haben und gibt der Ukraine die Schuld für die Katastrophe. Das russische Staatsfernsehen hat auch jetzt prominent über die Pressekonferenz des Ermittlerteams berichtet, allerdings stets betont, dass russische Angaben nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Immer wieder wurde der malaysische Premierminister Mahathir Mohamad zitiert, der die Objektivität der Ermittlungen infrage gestellt hat. 

Doch je länger die Ermittlungen andauern, desto schwieriger wird es für Russland, glaubwürdig die Verantwortung für den Abschuss der Passagiermaschine abzustreiten. Am Mittwoch wurden in den Niederlanden neue Beweise dafür vorgestellt, dass eine russische Luftabwehreinheit im Sommer 2014 die Separatisten unterstützte. Das sind Bilder und Nachrichten russischer Soldaten aus sozialen Netzwerken sowie Telefonate der Separatisten.

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