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Donald Trump: Feldherr um jeden Preis

Dieser Mann schreibt Wirtschaftsgeschichte. In seinen ersten beiden
Amtsjahren hat Donald Trump die USA in einen Handelskonflikt mit dem Rest der Welt geführt,
den es in diesem Ausmaß seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gegeben hat.

Das Erstaunliche: Trump suchte den Disput mit Mexiko, China und all den anderen ohne Not. “Die Wirtschaft läuft, es gibt keine Flut von Importen, das Handelsbilanzdefizit ist im Rahmen, und somit gibt es eigentlich keinen Grund für Schutzzölle”, sagt Douglas Irwin, Handelshistoriker am Dartmouth College. Trump nutze Zölle gern als Drohung. Und bisher sei seine Strategie erfolgreich gewesen. Der ehemalige New Yorker Immobilienmogul verhandelt mit ausländischen Mächten nicht anders als einst mit potenziellen Käufern eines Apartments im Trump Tower. Die Angst, den Zugang zum wichtigen US-Markt zu verlieren, nutzt der Präsident als Hebel, um die Interessen der USA durchzusetzen – oder zumindest das, was er dafür hält. Dabei unterscheidet er nicht zwischen Sicherheits- und Wirtschaftspolitik. “Ökonomische Sicherheit ist nationale Sicherheit”, erklärte schon Peter Navarro, der Trump als Berater in Handelsfragen zur Seite steht, im vergangenen Herbst.

So wiederholte der Präsident vor Kurzem, er werde deutsche Unternehmen, die an der Nord-Stream-2-Pipeline beteiligt sind, mit Sanktionen strafen. Die Leitung soll russisches Erdgas nach Deutschland bringen. Trumps Argument: Deutschland könne nicht den Schutz der USA in Anspruch nehmen, um sich dann von der Energie ebenjener Macht abhängig zu machen, vor der die USA es schützen sollen. Stattdessen solle Deutschland Flüssiggas aus den USA kaufen. Zudem soll Deutschland seine Verteidigungsausgaben steigern und seine Ausrüstung möglichst bei US-Rüstungskonzernen bestellen.

Wie sich Trumps Vermischung von Handel und Außenpolitik auswirkt, zeigte jüngst auch seine plötzlich per Tweet angekündigte Drohung, mexikanische Importe mit Strafzöllen von bis zu 25 Prozent zu belegen, sollte das Land nicht die Migranten aus Ländern wie Honduras, El Salvador und Guatemala aufhalten, bevor diese die US-Grenze erreichen. Trumps Ankündigung löste unter den Aktionären der Autobauer Panik aus. Die großen Hersteller – darunter VW, Ford und Toyota – verloren nach Trumps Ankündigung über 17 Milliarden Dollar Marktwert an der Börse. Die Lieferketten in der Autoindustrie sind auf allen Ebenen eng verzahnt. Viele Teile überqueren mehrfach die Grenze, bis sie bei der Endmontage im US-Werk verbaut werden.

Selbst Trumps republikanische Parteifreunde gingen auf die Barrikaden. Die einflussreiche Chamber of Commerce, die Handelskammer, die die Interessen der US-Großkonzerne vertritt, sonst zufrieden mit Trumps wirtschaftsfreundlichem Kurs, kündigte eine Klage an, sollten die Strafzölle tatsächlich kommen. Im letzten Augenblick zog Trump sein Ultimatum zurück. Die Mexikaner hätten versprochen, ihre Grenzkontrollen zu verschärfen und einige Asylbewerber aufzunehmen, bis deren Verfahren in den USA stattfindet. In einer geheimen Absprache habe Mexiko zugesagt, mehr Mais und Soja aus den USA zu importieren. Das jedenfalls verkündete Trump per Tweet, was postwendend von den Mexikanern dementiert wurde.

Seit sich Trump mit China angelegt hat, sind seine Umfragewerte gestiegen

Hinter der Behauptung mag Trumps Versuch stecken, die Landwirte im Mittleren Westen zufriedenzustellen. Sie sind eine seiner wichtigsten Wählergruppen und leiden unter dem Handelsstreit mit China: Auf Trumps 25-Prozent-Importzölle reagierten die Chinesen mit Zöllen auf Nahrungsmittel. Vor allem Sojabohnen sind betroffen. Bis vor Kurzem ging die Hälfte aller US-Sojaexporte nach China. Von der Ernte des vergangenen Jahres waren es nur noch drei Prozent. Die Chinesen haben die Produktion im eigenen Land erhöht und kaufen nun vorwiegend in Brasilien. Trumps Regierung hat Hilfsprogramme in Höhe von knapp 30 Milliarden Dollar ausbezahlt. Nun gehen 130 Prozent der staatlichen Mehreinnahmen durch die Zölle als Hilfszahlungen an die Farmer, der Staat zahlt also drauf, errechnete Benn Steil, Direktor für internationale Ökonomie beim Council on Foreign Relations, einem Thinktank in New York.

Trump erklärt das Handelsbilanzdefizit der USA damit, dass Amerika von seinen Handelspartnern ausgenutzt werde. Deswegen fordert er von China freien Marktzugang für US-Unternehmen. Tatsächlich hat Peking hohe Einfuhrzölle – etwa für Autos – erhoben und damit westliche Unternehmen dazu gebracht, in China zu produzieren. Möglich war ihnen das nur, wenn sie ein Joint Venture mit einem chinesischen Partner eingingen. Das, so der Vorwurf der Amerikaner, öffnete Tür und Tor für den Diebstahl geistigen Eigentums. “Ein Konflikt, den die Welthandelsorganisation nicht zu lösen vermochte”, schreibt Chad Bown, Handelsexperte beim Peterson Institute, einem konservativen Forschungsinstitut in Washington, in einer Analyse zur Zukunft der Welthandelsorganisation (WTO) im Handelskrieg. Für Trump kein Problem – er ignoriert die WTO und deren Prozedere ohnehin. Mit dem Bann des Telekomausrüsters Huawei ging seine Regierung noch einen Schritt weiter. Chinas wichtigster Technologiekonzern darf weder in den USA verkaufen, noch dürfen US-Unternehmen Huawei zuliefern.

Trumps Wähler ficht das nicht an. Seit er sich mit China angelegt hat, sind seine Umfragewerte sogar gestiegen. Auch seine Zustimmungswerte erreichten zuletzt immerhin fast 50 Prozent.

Doch die Liste derer, die den Preis für Trumps Wirtschaftskrieg zahlen, reicht inzwischen von Hummerfischern bis zu Winzern. 600 US-Unternehmen, darunter der größte Einzelhändler Walmart, haben vergangene Woche einen offenen Brief ans Weiße Haus geschrieben, in dem sie fordern, den Handelsstreit mit China beizulegen. Fürchten tut Trump aber nur eines: die Rezession, die am Ende des historisch langen Wirtschaftsaufschwungs wahrscheinlicher wird. So attackiert er Notenbankchef Jerome Powell, um ihn zu einer frühen Zinssenkung zu bringen. Davon verspricht sich Trump neuen Schwung für die Wirtschaft. Und Rückenwind für seinen Wahlkampf, in dem er wohl weiterhin laufend echte wie vermeintliche Siege aus dem Wirtschaftskrieg verkünden wird, den am Leben zu erhalten in seinem Interesse sein dürfte.

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