/5G-Frequenzen: Tausche schnelleres Netz gegen schlechtere Wettervorhersage

5G-Frequenzen: Tausche schnelleres Netz gegen schlechtere Wettervorhersage

Wer sich heute über die Ungenauigkeit der Wettervorhersage beschwert, klagt
auf hohem Niveau: In den vergangenen Jahren hat sie sich dank meteorologischer
Forschung und dank der Möglichkeiten, das Wetter per Computer zu simulieren,
stets verbessert. “Seit mehr als 50 Jahren gibt es diese numerische Wettervorhersage”, sagt Susanne Crewell,
Professorin für Geophysik und Meteorologie an der Uni Köln. “Und jede
Dekade konnte man im Schnitt einen Tag weiter in die Zukunft sehen.” 

Doch nun droht ein enormer Rückschritt – verursacht von einer Technologie,
die die digitale Kommunikation beschleunigen sollte: 5G soll Mobilfunknetze
endlich schneller und belastbarer machen. Doch die Umsetzung des neuen Mobilfunkstandards
könnte die Wettervorhersage um Jahrzehnte zurückwerfen, befürchten US-Forscher.
Die Kölner Geophysikerin Susanne Crewell teilt diese Einschätzung. “In den
USA sind Frequenzen zur Versteigerung angeboten, die unsere Messungen stören
könnten”, sagt sie.

Wasserdampf gegen Mobilfunk

Erste Frequenzen für den 5G-Ausbau sind in Deutschland und in den USA bereits kürzlich versteigert
worden. In den Vereinigten Staaten wurden dabei unter anderem die
Nutzungsrechte an einer Frequenz versteigert, die sehr nahe an einem der
wichtigsten Frequenzbereiche für die Wettervorhersage liegt. Werden auf dieser
Frequenz Mobilfunkdaten gesendet, beeinträchtigt das die Messungen von
Meteorologen so stark, dass sie nutzlos werden könnten. Das zumindest sagen viele Forscher.

Im Kern geht es bei der Diskussion darum, dass Frequenzen für sehr
unterschiedliche Zwecke genutzt werden. Zum einen können auf ihnen Daten
über die Atmosphäre gemessen werden: Wasserdampf beispielsweise
hat ein schwaches Mikrowellensignal, das Meteorologen mit sehr feinen
Messgeräten empfangen können und das ein Indikator für das Wetter und auch das
Klima der Zukunft ist.  Zum anderen
nutzen wir diese Frequenzen zunehmend für menschliche Kommunikation: Auf ihnen werden Radiosignale übertragen, aber eben auch Mobilfunksignale.

Daraus entsteht
ein Spannungsfeld: Wissenschaftlern ist an der möglichst ungestörten Messung
von Atmosphärendaten gelegen, die Industrie will die Frequenzen für
kommerzielle Zwecke nutzen. Und da im Zuge der Digitalisierung die Anforderung
wächst, stets stabiles und schnelles Internet für immer mehr Geräte
bereitzustellen, spitzt sich der Konflikt gerade anlässlich der Einführung des
neuen Mobilfunkstandards 5G zu.

Immer Stress mit der Nachbarfrequenz

Meteorologen messen die Konzentration von Wasserdampf, um
das Wetter vorherzusagen.
Am besten geeignet ist für diese Messung laut der Forscher die Frequenz 23,8
Gigahertz. Eine Frequenz, die dieser sehr nahe liegt, nämlich 24,25 Gigahertz,
wurde jedoch gerade im März von der US-Behörde FCC versteigert – damit darüber
5G-Mobilfunksignale übertragen werden können.

Das Problem daran: Die Wasserdampfsignale, natürliche Mikrowellen der
Luftfeuchtigkeit, sind im Vergleich zu 5G-Signalen schwach. Selbst wenn beide
Signale nicht exakt auf der gleichen Frequenz senden, sondern nur nahe
beieinanderliegen, könnte es – so die Befürchtung – zu starken Störungen kommen, weil die Mobilfunksignale die des Wasserdampfes überlagern könnten.
Experten vergleichen das mit einem Nachbarn, der so laut Musik hört, dass man
sich in der Nachbarwohnung nicht mehr unterhalten kann.

“Wasserdampf ist unser wichtigstes Treibhausgas”, sagt Crewell.
Schließlich sorgt er mit für eine lebensfreundliche Durchschnittstemperatur auf
der Erde. Seine Konzentration beeinflusst wesentlich unser Wetter, aber auch
das künftige Klima.

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