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US-Demokraten: Die Spaltung wird zementiert

Unter
Demokratinnen und Demokraten gilt es als gesichert, dass Hillary Clinton heute Präsidentin wäre, wenn das US-Wahlsystem gerechter wäre. In der Tat hat
Clinton bei der Wahl 2016 fast drei Millionen Stimmen mehr erhalten als Trump.
Dennoch ist der Immobilienmilliardär ohne Politikerfahrung nun Präsident und Clinton im unfreiwilligen Politikruhestand. Es ist nicht das erste Mal,
dass die Demokraten trotz eines anders lautenden Bürgervotums nicht an die Macht kommen. Im Jahr 2000 konnte der damalige Vizepräsident Al Gore zwar die meisten
Stimmen auf sich vereinen. Präsident wurde jedoch der Republikaner George W. Bush. 

Das
US-Wahlsystem macht derlei Verzerrungen möglich
. Denn der Präsident wird nicht
direkt vom Volk gewählt, sondern vom sogenannten Electoral College, dem Gremium der Wahlleute. Abhängig von der Bevölkerungszahl erhält jeder Bundesstaat
eine bestimmte Anzahl von Wahlfrauen und -männern, im Falle von Pennsylvania zum Beispiel
20. Auf den Stimmzetteln stehen in den meisten Bundesstaaten zwar die
jeweiligen Präsidentschaftskandidaten, tatsächlich wählt man jedoch eine von
den Parteien erstellte Liste mit Wahlleuten, die im Anschluss an die Wahl ihre
Stimme für denjenigen Kandidaten abgeben, der den Bundesstaat gewonnen hat. Wer
die meisten Stimmen erhält, gewinnt (außer in Nebraska und Maine) alle Wahlleute.
Donald Trump konnte so in Pennsylvania beispielsweise mit nur knapp 0,7
Prozentpunkten Vorsprung alle 20 Wahlleute gewinnen – und nicht nur die
Hälfte. In vielen anderen Bundesstaaten gewann der Unternehmer ebenfalls knapp.
So konnte Trump auch ohne Mehrheit Präsident werden.

Daher
verwundert es nicht, dass die Demokraten das US-Wahlsystem so reformieren
wollen, dass stets der Kandidat gewinnt, der bundesweit die meisten Stimmen
(popular vote) erhält. Seit vergangener Woche sind Trumps Gegner ihrem Ziel
einen Schritt näher gekommen. Die demokratische Gouverneurin von Oregon, Kate Brown, unterzeichnete am Mittwoch ein Gesetz, das die Wahlmänner-Stimmen des
Bundesstaats an den Gewinner des popular vote vergibt. 14 weitere Staaten haben
bereits das gleiche Gesetz verabschiedet, darunter bevölkerungsreiche
Bundesstaaten wie New York, Kalifornien, Illinois und New Jersey. Der Beschluss
trägt den sperrigen Namen “National Popular Vote Interstate Compact”.

Im jetzigen Wahlsystem sind die Stimmen vieler Wähler verschenkt

Doch es gibt
einen Haken: Die Neuregelung tritt erst in Kraft, wenn genug Bundesstaaten
mitmachen, um mehr als die Hälfte der Stimmen der Wahlleute auf sich zu vereinen.
Aktuell wären das 270. Die 15 Bundesstaaten, die das Gesetz bisher
verabschiedet haben, kommen immerhin bereits auf 196 Stimmen. Doch dabei
handelt es sich ausschließlich um Hochburgen der Demokraten. Um auf die
erforderlichen Stimmen zu kommen, müssten sich auch Staaten anschließen, in
denen die Republikaner das Sagen haben. Und da diese von der aktuellen
Ausgestaltung des Wahlsystems profitieren, dürfte es schwer sein, sie von dem
Vorhaben zu überzeugen.

Der National
Popular Vote Interstate Compact könnte dabei helfen, einige Probleme des
US-Wahlsystems zu lösen. Da wäre zum Beispiel die übermäßige Fokussierung auf
die sogenannten Swing-States. Ein Großteil der US-Bundesstaaten ist
politisch recht eindeutig den Republikanern oder den Demokraten zuzuordnen. Nur
in rund einem Dutzend Bundesstaaten wie zum Beispiel Florida, Michigan,
Pennsylvania oder North Carolina sind beide Parteien in etwa gleich stark. Dort
entscheiden sich die Wahlen und deshalb spielt sich ein Großteil des Wahlkampfs dort ab, während der Rest des Landes weitgehend ignoriert wird.

Aus demselben
Grund sind auch die Stimmen der meisten US-Wählerinnen und -Wähler faktisch irrelevant. In
Staaten mit solider republikanischer Mehrheit ist es letztendlich unerheblich,
wie viele demokratische Wähler ihre Stimme abgeben. Das gilt umgekehrt auch für
republikanische Wähler in demokratischen Hochburgen. Im US-Bundesstaat New York
etwa konnte Donald Trump die meisten Countys gewinnen, wegen der liberalen
Hochburg New York City mit mehr als acht Millionen Einwohnern ging der
Bundesstaat dennoch an Clinton.

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