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Xenotransplantation: Ein Herz für uns

Das Herz eines ausgewachsenen Schweins – Deutsche Landrasse, hellrosa mit
Schlappohren – wiegt etwa 300 Gramm. Es ist so groß wie eine Faust und passt perfekt in den
menschlichen Brustkorb. Dort könnte es bald schlagen.

Im Dezember 2018 überlebte ein Schweineherz 195 Tage in einem Pavian. Ein Rekord. “Die Schwelle, ab der man an klinische Studien denken kann, wurde damit überschritten”, sagt Eckhard Wolf, Leiter des Instituts für Molekulare Tierzucht und Biotechnologie der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), “noch drei, vier Jahre, dann sind wir hoffentlich so weit.” Dann soll transplantiert werden, vom Schwein zum Menschen, in einem klinischen Versuch. Es könnte der erste sein, weltweit.

Xenotransplantation: von einer Spezies zur andern. Bald soll nicht nur die Verpflanzung tierischen Gewebes in den Menschen gelingen, sondern womöglich die eines kompletten Organs. Wolfs Plan: Das Herz eines genmodifizierten Klonschweins soll transplantiert werden, in einen Menschen.

Ein alter Gutshof, nördlich von München. Die Einfahrt ist aus grauem Schotter, in einem offenen Stall steht eine Reihe träge wiederkäuender Kühe, links das Haupthaus. Seit den 1950er-Jahren befindet sich hier das Versuchsgut der LMU, ein Labor auf dem Bauernhof. Weiße Fassade und die lindgrünen Fensterläden strahlen ländliche Idylle aus.

Es sei möglich vorbeizukommen, schrieb Wolf Anfang April in einer E-Mail. Auch die Schweinezucht könne man sich anschauen. “Aber nur, wenn Sie vorher mindestens eine Woche keinen Kontakt zu anderen Schweinen hatten. Und Sie müssten den Zugang über eine Duschschleuse, mit vollständigem Kleidungswechsel, über sich ergehen lassen.”

Jetzt, einen Monat nach der Mail, geht Wolf durch einen langen Flur im Erdgeschoss des Versuchsguts. Das helle PVC ist schon etwas abgelaufen, die Türen sind nummeriert und beschildert. Eckhard Wolf öffnet eine weiße Holztür: A.007. Labor Zakhartchenko; zwei aufgeräumte Labortische. Auf den Ablagen stehen graue Apparate, die leise surren. Es riecht nach Labor. Scharf und zugleich sehr sauber.

Wolf ist 55 Jahre alt, studierter Tiermediziner, Sprecher des Sonderforschungsbereichs “Xenotransplantation”, Co-Autor der rekordverdächtigen Studie und je nach Blickwinkel ein Pionier, ein Tierquäler oder einer, der Menschenleben rettet.

Ein Ruf, dessen Ausgangspunkt in Raum A.007 zu finden ist. Hier klonte Wolf 1998 als erster deutscher Forscher ein Säugetier, gemeinsam mit seinem Kollegen Valeri Zakhartchenko. Heraus kam Uschi, ein Kalb mit großem weißem Flauschkopf und braunen Ohren. Es gibt Fotos von damals. Wolf mit dunklen Haaren und rotem Sakko. Er schaut glücklich auf sein Werk.

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