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Hongkong: Hongkongs Regierung setzt Auslieferungsgesetz aus

Hongkongs Regierung setzt Auslieferungsgesetz aus

Nach den größten Massenprotesten seit Jahrzehnten wird das umstrittene Gesetz für Auslieferungen an China vorerst ausgesetzt. Das kündigte Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam bei einer Pressekonferenz an.

Zuletzt hatte es in der halbautonomen Sonderverwaltungszone massive Proteste gegen die Gesetzesvorlage gegeben, die die Überstellung bestimmter Verdächtiger an Gerichte in Festlandchina erlauben soll. Nach Ausschreitungen zwischen Demonstranten und der Polizei wurde bereits eine eigentlich für Mittwoch im Legislativrat angesetzte Debatte zum Gesetz verschoben. Für Sonntag waren weitere Kundgebungen geplant.

Mehrere Politiker, auch pekingtreue Abgeordnete sowie ein Berater der Regierungschefin Carrie Lam hatten sich angesichts der Proteste zuletzt für eine Vertagung der Gesetzesinitiative ausgesprochen. Kritiker forderten zudem den Rücktritt der von der chinesischen Regierung ernannten Regierungschefin.

Am vergangenen Wochenende hatten nach unterschiedlichen Schätzungen zwischen Hunderttausenden und einer Million Hongkonger gegen das Vorhaben der Regierung demonstriert. Auch im Laufe der Woche gingen Tausende Kritiker auf die Straßen. Am vergangenen Mittwoch blockierten zehntausende Menschen Hauptverkehrsstraßen und das Regierungsviertel. Die Polizei setzte Schlagstöcke, Tränengas und Wasserwerfern gegen die Demonstranten ein. Bei den Zusammenstößen zwischen der Polizei und Demonstranten wurden mindestens 70 Menschen verletzt, darunter 22 Polizisten.

Größte Proteste seit mehr als 20 Jahren

Die Proteste der vergangenen Woche zählten zu den größten seit der Rückgabe der früheren britischen Kronkolonie an China vor mehr als 20 Jahren.  Viele Hongkonger sehen in dem Gesetzentwurf eine Maßnahme, die zivile Freiheiten und Rechtsschutz aushöhle, die der einstigen britischen Kronkolonie nach deren Übergabe an Peking im Jahr 1997 für eine Zeitraum von 50 Jahren zugesagt worden waren. Auch Menschenrechtler kritisieren die Regelung. Sie argumentieren, dass das Justizsystem in China nicht unabhängig sei und fürchten unter anderem willkürliche Festnahmen, Folter und fehlenden Rechtsbeistand für Angeklagte.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International warnt ebenfalls vor der chinesischen Justiz: Ausgelieferten in China drohten “Folter, Misshandlung und unfaire Verfahren”. Chinas Behörden brächten regelmäßig legitim scheinende, unpolitische Anklagen vor, “um friedliche Aktivisten, Menschenrechtsverteidiger und solche, die die Regierungspolitik ablehnen, zu verfolgen und zu inhaftieren”.  

Hongkong wird seit der Rückgabe 1997 an China nach dem Grundsatz “ein Land, zwei Systeme” als eigenes Territorium autonom von einer nicht gewählten Regierung geführt. Die sieben Millionen Einwohner der heutigen chinesischen Sonderverwaltungsregion verfügen über mehr politische Freiheiten als die Menschen in der Volksrepublik, darunter das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie Presse- und Versammlungsfreiheit.

Auch 2014 hatten Zehntausende gegen einen wachsenden Einfluss der chinesischen Regierung demonstriert. Im Rahmen der sogenannten “Regenschirm-Bewegung” protestierten sie gegen die Reform des Wahlsystem, das der chinesischen Regierung mehr Einfluss zusichert und die Stimmrechte der Wähler beschränkt. Auch damals blockierten Demonstranten Teile der Stadt wochenlang. Prominente Anführer der friedlichen Proteste wurden inzwischen zu langen Haftstrafen verurteilt.

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