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Rezo: Es geht um ein anderes Reden

32 Minuten dauerte es, ehe Rezo in Jan Böhmermanns Neo Magazin Royale für seinen ersten
Fernsehauftritt auf die Bühne trat. Das kann man Suspense nennen oder als
Understatement betrachten. Denn der YouTuber, dessen Video Die
Zerstörung der CDU
mittlerweile 15 Millionen Mal angeklickt wurde – eine Zuschauerzahl, die
im Fernsehen nur von Fußballspielen getoppt wird –, dürfte in den letzten
Wochen zu einem der begehrtesten Gästen von Fernsehsendungen avanciert sein.

Rezo wurde, wie Böhmermann in der Anmoderation aufzählte,
“zu Anne Will, zu Illner, zu Plasberg, zu Maischberger, zu Lanz eingeladen”,
um, naheliegenderweise, bei Jan Böhmermann vor die Kamera zu treten. Es folgte
ein 16-minütiger Plausch, der die Aufregung, die das Video verursacht
hatte, noch einmal “Paroli passieren ließ” (Horst Hrubesch).

Das Gespräch ergab unter anderem: Rezo hat das Video gemacht,
weil er “Bock” drauf hatte, er hat weder Geld vom Werbekonzern noch
einen Befehl von den Grünen bekommen. Ihn habe das “Hin und Her” bei
den Reaktionen aus der CDU verwundert, sagt er: ihn einerseits schlechtzureden und trotzdem Bereitschaft zum Dialog zu zeigen. Ihm täten die “guten
Leute” in der Partei leid, die anderen, die sich im Umgang mit ihm und dem Video
blamiert hatten, dagegen nicht. Er wolle nicht nach Berlin, um dort mit
Politikern zu reden – wenn wer mal nach Aachen komme, könne man sich treffen.
Oder telefonieren.

So ging das Geplauder vor sich hin, grundironisch, einander
zugewandt und ohne großen Neuigkeitswert (dass Rezo durch sein Video einen
Werbedeal verloren hat, wäre wohl das Einzige, das in dieser Hinsicht interessierte).
Und schon der Versuch, das Gespräch zwischen Rezo und Böhmermann nachrichtlich
auf bedeutsame oder auch nur zitierbare Sätze abzuklopfen, führt geradewegs in
die Sackgasse von Unaufgeregtheit oder, wie manche sagen würden, Langeweile.

Eine der ersten Kritiken zur Sendung schrieb denn auch von
der “Entzauberung”
Rezos. Wobei man da natürlich fragen muss, wie es denn zur
“Verzauberung” kommen konnte.

Rezo gibt sich dem Zirkus nicht hin

Denn Rezos Ruhm verdankt sich nicht allein dem Inhalt seines
Videos – was man schon daran sehen kann, dass die Fernsehredaktionen danach nicht
hektisch 55-minütige Formate in die Primetime feuern, in denen junge Menschen
mit dreistelligen Quellenangaben Politik kritisieren.

Die Figur, zu der Rezo für die mediale Sphäre geworden ist,
entstammt vielmehr komplexen Interaktionen, in denen erst die Unfähigkeit der
CDU und mancher traditioneller Medien, auf den kommunikativen Akt des
YouTube-Videos
adäquat reagieren zu können, den Buzz erzeugt, der dann bewirkt,
dass sich die bekanntesten Talkshows der öffentlich-rechtlichen Sender mit der
erfolgreichen Einladung schmücken wollen.

Dass Rezo sich diesem Zirkus nicht hingibt und seine frisch
erweiterte Marke im politisch-medialen Berlin nicht spazieren führt, spricht
ebenso für ihn wie der oberflächlich laue Auftritt bei Böhmermann. Es geht dem
YouTuber um eine andere Form der Kommunikation, um ein anderes Reden, und damit
sind nicht das konsequente Duzen oder die Standards einer jugendlichen Rhetorik
gemeint.

Sondern das, was Rezo bei Böhmermann den Unterschied
zwischen “institutionellem” und “menschlichem” Reden nannte:
dass ein CDU-Politiker wie Roderich Kiesewetter sich auf Twitter
erst mit der Verbreitung raunender Verschwörungstheorien von rechts blamiert, dann
aber Respekt gewinnen kann, indem er sich ohne Ausflucht entschuldigt dafür. Im
kalkulierten Durcheinander von Plasbergs Tresengestehe wäre solche Ehrlichkeit undenkbar.

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