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Gaming: Machs selbst!

Dann, nach dem 24. Versuch, klappt es doch: Der Gegner geht zu Boden, löst sich langsam auf; seine Überreste wehen durch die Luft und zurück bleibt nur die Beute – und ein kurzes Klingeln der PlayStation 4. Eine virtuelle Trophäe hat dieser Endgegner gebracht, ein Vermerk im Profil des Spielers: geschafft.

Um das zu erreichen, hat der Spieler Stunden gebraucht. Hat unzählige Gegner besiegt, seine Reflexe trainiert. Hat sich Taktiken überlegt, den Endgegner studiert, seine Bewegungen, seine Attacken, seine Lebensleiste. Jedes Manöver mit dem Analogstick, jede Bewegung mit dem Controller, alles eine Übung für diesen Moment: geschafft.

Die Szenen stammen aus dem Videospiel Sekiro: Shadows Die Twice. Millionen Menschen lieben solche Games – obwohl es längst nicht jeder oder jede bis zum Ende schafft. Denn Spiele wie Sekiro fordern Gamerinnen und Gamer besonders heraus: Der Schwierigkeitsgrad ist so hoch, dass man sich bis zum Ziel wahrlich durchkämpfen muss. Hardcore-Games nennt man sie in der Fachsprache. Und die Menschen, die besonderen Spaß an diesen Titeln haben, entsprechend Hardcore-Gamer. Sie wollen ohne Hilfe, ohne Anleitung auskommen, nur mit ihrem Können siegen.

Sein Geschick zu demonstrieren, das ist unter Gamerinnen und Gamern eine wichtige Währung geworden. So wichtig, dass sie auch unter Spieleproduzenten zu ungewöhnlichen Kooperationen führt: Auf der E3, der wichtigsten Videospielmesse der Welt in Los Angeles, hat das japanische Studio From Software jetzt ein neues Spiel namens Elden Ring angekündigt. Es wurde in Zusammenarbeit mit George R. R. Martin entwickelt. Die Macher von ultraschwierigen Spielen wie Dark Souls oder Sekiro arbeiten also mit dem Mann zusammen, der mit Game of Thrones eines der größten Fantasy-Franchises weltweit kreierte. Man könnte es als Schritt in Richtung Mainstream deuten.

Dabei sorgen Hardcore-Games regelmäßig für intensive Debatten. Längst nicht jeder kann diese Titel durchspielen. Die Fans von Spielen wie Sekiro finden das gut; sie sagen, die Titel seien halt nicht für alle. Andere argumentieren, dass Hardcore-Games Menschen ausschließen. Sie wünschen sich easy modes, einen einfacheren Modus für Spiele, der sie zugänglicher macht. Aber so leicht ist das nicht. 

Ein Tastendruck reicht nicht mehr aus

Ganz grundsätzlich sind Videospiele komplizierter geworden. Die ersten digitalen Spiele kamen noch mit rudimentären und intuitiven Input-Möglichkeiten aus, mit übersichtlichen Controllern und wenigen Knöpfen für Spiele, die einfach zu beherrschen waren. Heute müssen Spielerinnen und Spieler in vielen Blockbustern überfrachtete Kontrollmechanismen bedienen. Sie müssen Tastenkombinationen beherrschen und sich merken, in welcher Situation welche Aktion sinnvoll ist. Dazu haben sie Controller, die mit Knöpfen, Triggern, Sticks und Touchpads ausgestattet sind. Ein einfacher Tastendruck reicht nicht mehr aus. Menschen mit Behinderungen werden so mitunter ganz ausgeschlossen (und nicht nur sie, aber das ist noch mal ein anderes Thema).

Schon jetzt implementieren Entwicklerinnen und Entwickler in manchen Spielen Mechanismen, die es für einige Menschen vor der Konsole einfacher machen: Wer mehrmals in Super Mario in den Abgrund stürzt, bekommt einen Anzug, der den Avatar fliegen lässt. Manche Spielerinnen und Spieler nutzen auch Erweiterungen, um einen Endgegner zu besiegen. So etwa der Spieleautor James Davenport bei Sekiro: In einer Rezension für PC Games gab er zu, den Endgegner verlangsamt zu haben, damit er ihn einfacher schlagen könne.

Was erst einmal nicht mehr als eine Hilfestellung ist, fühlt sich für andere Gamerinnen und Gamer ungerecht an: Was ist denn dann der Erfolg für die noch wert, die diese Hilfen nicht in Anspruch nehmen? Klar, den Hardcore-Gamern bringt es natürlich trotzdem was, das Spiel durchzuzocken, und wenn sie damit nur ihre eigenen Fähigkeiten weiterentwickeln. Aber augenscheinlich unterscheiden sie sich letztlich nicht von denjenigen, die auf Hilfsmittel angewiesen sind – auf dem Screen haben alle durchgespielt, ihre digitale Trophäe bekommen.

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