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CDU: Irgendwie an der AfD vorbeikommen

Wie ist die Ausgangslage?

Wie
schon bei der Bundestagswahl landete die CDU bei der EU-Wahl in Sachsen nur auf Platz zwei. Die AfD holte die meisten Stimmen. Das ist ein Schlag
fürs Selbstbewusstsein: Denn seit der Wiedervereinigung stellt die CDU
in Sachsen den Ministerpräsidenten. Kurz nach der Wende errang sie
Fabelergebnisse, die man sonst nur von der CSU aus Bayern kannte: 53,8
Prozent, 58,1 und 56,9. In den Nullerjahren waren es immerhin noch über
40 Prozent. Seit 2004 regieren die Christdemokraten abwechselnd mit FDP
und SPD. Aktuell müssten sie wohl mit zweistelligen Verlusten
rechnen. In Umfragen liegen sie bei knapp unter 30 Prozent, die AfD noch etwas dahinter.

Wie tickt der Landesverband und wie geht er in den Wahlkampf?

Spitzenkandidat und Ministerpräsident Michael Kretschmer
hat gewissermaßen sein Lebensthema gefunden: den Osten nicht den
Rechtspopulisten überlassen. Die Lage ist volatil und entzündlich.

Seit Monaten tourt er daher wild entschlossen durchs Land,
hört zu und diskutiert mit Bürgerinnen und Bürgern. Seine neue Pose:
Demut. Über die Jahre an der Macht, heißt es aus der Parteispitze
überaus selbstkritisch, hätte man eher merken müssen, dass Dinge aus dem
Lot geraten seien. “Leute finden ja die AfD nicht toll, sie finden nur
uns schlecht”, sagt ein führender CDUler aus Sachsen.

Gleichzeitig bauen Kretschmers Strategen schon mal vor und versuchen die Bedeutung der Wahl herunterzuspielen: Man
teile “dieses Gerede von der Schicksalswahl nicht”. Christdemokratische
Brot-und-Butter-Themen, Sicherheit, Bildung, Gesundheit und Pflege
sollen es schon irgendwie richten.

Der Landesverband gilt als
besonders konservativ, teils reaktionär. “Manche in der CDU haben sich in
einen regelrechten Anti-Merkel-Wahn geredet”, heißt es aus der Spitze
der Landespartei. Inzwischen habe sich aber die Erkenntnis durchgesetzt:
“Als bürgerliche Partei tut man so was nicht.” Im Moment sieht es so
aus, als hielte sich der Landesverband weitgehend an diese Linie. Wie sich das im Fall einer Wahlniederlage verhalten wird, mag derzeit niemand prognostizieren.

Wer könnte mit wem regieren?

Die
aktuelle schwarz-rote Landesregierung kann sich kaum Hoffnungen auf
eine Regierungsmehrheit im Herbst machen – auch weil den
Sozialdemokraten ein einstelliges Ergebnis droht. Ein linkes Bündnis
gegen die CDU ist ebenfalls nicht in Sicht.

Der neue CDU-Fraktionschef Christian Hartmann
hatte ausgesprochen, was politisch als unsagbar galt, rechnerisch aber
konsequent erschien: Eine Koalition mit der AfD sei nicht
auszuschließen. Nach Protesten in der Partei hat er seine Position inzwischen revidiert. Schwer zu sagen, wie groß die Sympathien unter den Abgeordneten für ein solches Bündnis insgeheim sind.

Aus
der Parteispitze heißt es: keine Chance. Man sei die “dümmlichen
Provokationen” der AfD im Landtag leid. Eine Koalition mit den
Rechtspopulisten wäre die Selbstaufgabe, so sieht man das in der Führung
mehrheitlich. Man dürfe sich gar nicht erst dazu herablassen, hinter
Spiegelstrichen inhaltliche Übereinstimmungen zu suchen, etwa beim Thema
Videoüberwachung oder Polizeipräsenz.

Da eine Koalition mit der
Linkspartei, die sich als drittstärkste Kraft mit etwa 16 Prozent
etabliert hat, ebenfalls unwahrscheinlich ist, rechnen einige
stattdessen mit einer Dreier- oder gar Viererkoalition: CDU, SPD, Grüne
und FDP.

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