/Politische Bildung: Gymnasiasten bekommen den besseren Politikunterricht

Politische Bildung: Gymnasiasten bekommen den besseren Politikunterricht

Schülerinnen und Schüler mit höher gebildeten Eltern bekommen mehr und besseren Politikunterricht. Wie eine Schülerbefragung des Otto-Suhr-Instituts für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin (FU) zeigt, geben die meisten Schülerinnen und Schüler
an, dass sie im Unterricht ermuntert werden, eigene Meinungen zu äußern und
unterschiedliche Standpunkte kennenzulernen. Aktuelle politische und
gesellschaftliche Ereignisse sind demnach im Unterricht Thema, die Schüler erörtern sie und
diskutieren Lösungen. All das zeugt von einem hochwertigen Politikunterricht,
der möglichst aktuell, kontrovers und exemplarisch sein soll.

Solchen Unterricht aber erhalten Schülerinnen und Schüler am Gymnasium häufiger als jene, die etwa Gesamtschulen, Realschulen oder berufsbildende
Schulen besuchen. Die Nicht-Gymnasiasten finden laut der Umfrage Politikunterricht häufiger langweilig oder kompliziert.
Ähnliches zeigt sich bei Projekten oder Angeboten, die über den reinen
Politikunterricht hinausgehen.

Die Studienautorinnen hatten im Auftrag der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung 3.400 Schülerinnen und Schüler
in ganz Deutschland (außer Bayern) unter anderem gefragt,
welche Bildungsabschlüsse ihre Eltern haben und wie viele Bücher
geschätzt zu Hause im Regal stehen. Gymnasiasten haben demnach wie zu erwarten eher Eltern mit einem akademischen Abschluss als Kinder in anderen Schulformen. Die Ergebnisse der nicht repräsentativen Umfrage sind allerdings mit Vorsicht zu
betrachten, denn sie fußen auf Selbstaussagen der Schüler. 60 Prozent der Befragten waren Gymnasiasten. 

Politikunterricht sei aufwändig vorzubereiten

Schüler üben demnach Demokratie in Schülerversammlungen, einige absolvieren
Präventionsprogramme etwa gegen Gewalt oder Antisemitismus. Sie reisen
zu Erinnerungsstätten oder üben in Planspielen, wie Institutionen
funktionieren. Doch Gymnasiasten berichten wiederum häufiger von solchen
Projekten.

Sabine Achour, Professorin für
Politikdidaktik und Politische Bildung an der Freien Universität Berlin und eine der Autorinnen,
sagt, dieser exemplarische Einblick der Studie bestätige sich in der Realität. Die Unterschiede beim Politikunterricht seien im Alltag möglicherweise sogar noch
größer, als die Studie zeigt, denn alle Lehrerinnen und
Lehrer, die ihre Schüler aufgefordert hatten, teilzunehmen, seien
besonders engagiert, sagte Achour.

Warum aber wird der Unterricht an Gesamtschulen oder integrierten
Sekundarschulen langweiliger und weniger aktuell empfunden? Politikunterricht sei sehr aufwendig vorzubereiten, sagt Achour. Die Lehrer könnten nicht wie in Mathematik oder Latein einmal eine
gute Unterrichtsstunde planen und immer wieder halten. Wer aktuell
sein will, muss sich Material stets neu zusammenstellen. Das sei aber viel leichter für einen
Oberstufenkurs am Gymnasium als für eine 9. Klasse einer Gesamtschule, sagt Achour.
Im ersten Fall könne die Lehrerin ein Pro und Contra aus einer
Tageszeitung verwenden oder sogar ein ganzes ZEIT-Dossier – also ausführliche Texte von inhaltlicher Tiefe. Doch für die
Neuntklässler der Hauptschule müssten die Lehrerinnen Materialien in
eine einfachere Sprache übersetzen und einen Bezug zur Lebenswelt der
Kinder herstellen. Die Schüler bräuchten möglicherweise auch individuell
unterschiedliche Hilfestellungen, um Texte verstehen und Meinungen formulieren zu können. 

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