/Embryonenschutzgesetz: Wissenschaftsakademien fordern Neuregelung der Fortpflanzungsmedizin

Embryonenschutzgesetz: Wissenschaftsakademien fordern Neuregelung der Fortpflanzungsmedizin

Forscherinnen und Forscher haben sich für eine Neuregelung der Fortpflanzungsmedizin in Deutschland augesprochen. Handlungsbedarf gebe es vor allem bei der Eizellspende, der Embryonenspende und beim Thema Leihmutterschaft, heißt es in einem Empfehlungskatalog der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina und der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften.

Auch die sich häufenden Gerichtsurteile zum Thema zeigten, dass die
bisherige rechtliche Regelung unzureichend sei, sagte die an den
Empfehlungen beteiligte Direktorin des Instituts für Ethik und
Geschichte der Medizin der Unimedizin Göttingen, Claudia Wiesemann.

Das im Jahr 1990 verabschiedete Embryonenschutzgesetz halten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für lückenhaft.
Betroffene Frauen, Paare und Kinder würden dadurch unnötigen
gesundheitlichen Risiken ausgesetzt, zudem gebe es Ungerechtigkeiten und
Rechtsunsicherheiten. Auch werde das Gesetz dem gesellschaftlichen
Wandel und der Vielfalt heutiger Familienformen nicht mehr gerecht.

Als Beispiel nennen die Wissenschaftsakademien die sogenannte
In-vitro-Fertilisation. Dabei werden der Frau nach einer
Hormonbehandlung reife Eizellen entnommen und im Labor mit Spermien des
Manns befruchtet. Anschließend werden der Frau die befruchteten Eizellen
wieder eingepflanzt. In Deutschland gibt es jedes Jahr auf diese Weise
rund 100.000 künstliche Befruchtungen.

In Deutschland sei es bislang bei Strafe untersagt von mehreren
Embryonen denjenigen mit den besten Entwicklungschancen auszuwählen.
Stattdessen würden “Mehrlingsschwangerschaften mit Frühgeburten in Kauf
genommen, die erhebliche Gesundheitsrisiken für die Kinder mit sich
bringen”. Die Auswahl, der sogenannte elective Single-Embryo-Transfer,
sollte künftig auch in Deutschland zulässig sein.

“Die Situation in Deutschland ist besonders repressiv”

Die Forscherinnen und Forscher kritisieren auch eine
“Ungleichbehandlung” der in Deutschland erlaubten Samenspende und der
verbotenen Eizellspende. Es sei kaum zu rechtfertigen, dass unfruchtbare
Männer mit Hilfe einer Keimzellspende eine Familie gründen könnten,
während Frauen, die beispielsweise wegen einer Krebserkrankung keine
eigenen Eizellen mehr bilden könnten, dies verwehrt bliebe. Frühere Befürchtungen,
dass mit einer Eizellspende gezeugte Kinder Auffälligkeiten oder
Identitätsprobleme haben könnten, hätten sich nicht bestätigt.  

“Die deutsche Gesetzgebung engt unsere Möglichkeiten ein, weil sie sie unter
Strafe stellt. Das ist in diesem Bereich längst überholt von der
Wissenschaft”, sagte der Vorstand des Bundesverbands
Reproduktionsmedizinischer Zentren, Ulrich Hilland der Deutschen Presse-Agentur. Im Vergleich zu anderen Ländern sei die Situation in
Deutschland besonders “repressiv”.

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