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Straßenverkehr: Die Stau-Hauptstädte Deutschlands

Der sogenannte Traffic Index des Navigationsgeräte-Herstellers TomTom zeigt, wie gut man mit dem Auto in Städten weltweit vorankommt – oder wie schlecht: In keiner der 25 deutschen Städte, die im aktuellen Ranking gelistet sind, fließt der Verkehr ungehindert. Die besten Chancen, im Stau zu stehen, habe man in Hamburg, Berlin, Nürnberg, München, Bremen und Stuttgart. Für den Index vergleicht das Unternehmen jedes Jahr die Fahrgeschwindigkeiten seiner Nutzerinnen und Nutzer mit den jeweils günstigsten Geschwindigkeiten auf derselben Strecke. Ergebnis: In den sechs deutschen Stau-Hauptstädten musste man im Jahr 2018 bei jeder Fahrt im Schnitt mindestens 30 Prozent mehr Zeit einplanen.

Hamburg, der deutsche Spitzenreiter im aktuellen Negativranking, habe über das gesamte Jahr 2018 um 33 Prozent längere Fahrzeiten erreicht – ein Prozentpunkt mehr als im Vorjahr. Um diesen Wert zu berechnen, haben Analysten anonymisierte Bewegungsdaten von Navigationsgeräten des Herstellers ausgewertet. Für Hamburg allein seien es mehr als 334.000.000 tatsächlich gefahrene Kilometer (davon rund 200.000 auf Autobahnen) gewesen. Besonders hoch sei hier die Verkehrsbelastung während des morgendlichen und abendlichen Berufsverkehrs: So habe das Stau-Niveau morgens im Wochendurchschnitt bei 54 Prozent, abends bei 59 Prozent gelegen. Das bedeutet, dass eine Fahrt, die ohne Verkehrsbehinderungen in Hamburg eigentlich 30 Minuten lang dauern würde, morgens tatsächlich 46 Minuten bzw. abends 48 Minuten Zeit kostet.

Die Langsamkeit in den Metropolen hat offenbar strukturelle Gründe: Die Analyse der Verkehrsmuster zeige in den besonders ausgebremsten Städten ein typisches
Pendlerverhalten mit ausgeprägten Spitzen im Verkehrsaufkommen am Morgen
und am Abend sowie Schwerpunkten auf Ein- und Ausfallstraßen sowie
Ringstraßen. Dass es sich dann staut, liege an vielen Gründen: veralteten Verkehrskonzepten, der Trennung von Arbeitsplatz und Wohnort und vor
allem immer mehr und immer größeren Autos.

Dazu kommen Unwägbarkeiten. In Hamburg etwa war der Tag mit der höchsten gemessenen Verkehrsbelastung der 26. April 2018. Ein Unwetter ließ damals während der abendlichen Rushhour die Ampeln ausfallen. In Stuttgart dagegen trafen am 11. Oktober 2018 mehrere Ereignisse zusammen: ein Unfall beim Kappelbergtunnel, das Volksfest Cannstatter Wasen und eine Internationale Fachmesse für Produktions- und Montageautomatisierung auf dem Messegelände.

Die Schweiz ist dem Index zufolge nicht weniger verstopft als Deutschland, in Genf und Zürich geht es ähnlich dicht zu wie in Hamburg. Nur etwas besser sieht es in Österreich aus: In Wien, wo der Verkehr am dichtesten ist, braucht man im Schnitt mehr als 25 Prozent länger. Weltweit auf Platz 1 ist Mumbai, dort muss man für jeden Weg im Schnitt fast zwei Drittel mehr Zeit als bei frei fließendem Verkehr einplanen. Für Europa und Russland sind Moskau und Istanbul die Spitzenreiter, mit eineinhalbmal so langen Fahrzeiten. Am schnellsten gehe es mit nur neun Prozent mehr Fahrtzeit in Cádiz voran.

Die Verkehrsbelastung hat in den letzten zehn Jahren weltweit zugenommen. Drei Viertel der Städte im aktuellen Index haben ein Verkehrsniveau, das entweder weiter angewachsen oder stabil geblieben ist. In nur 90 Städten waren messbare Rückgänge zu verzeichnen. Dabei gibt es zwischen den Kontinenten erhebliche Unterschiede: So wurden beispielsweise in einigen Städten Asiens Rückgänge bei der Verkehrsbelastung festgestellt, vor allem in Jakarta und Neu-Delhi. In Südamerika hingegen ist in nahezu jeder Stadt ein Zuwachs an Verkehr zu verzeichnen – in Lima, der Hauptstadt Perus, war der Anstieg mit acht Prozent am deutlichsten.

Woher stammen die Daten?
Der Navigationsgerätehersteller TomTom will seinen Kundinnen und Kunden die günstigste Route vorschlagen, auch wenn sich ein Stau entwickelt. Dazu muss das Unternehmen jederzeit wissen, wo und wie schnell das jeweilige Fahrzeug unterwegs ist. Diese Werte werden anonymisiert an das Unternehmen übertragen, nicht nur von allen TomTom-Navigationsgeräten und mehreren Logistikanbietern, sondern auch von iPhones, denn auch der Apple-Maps-Dienst kooperiert mit dem Anbieter. Die Datensätze zeigen so allein für Deutschland die Bewegungen mehrerer Millionen Nutzer. Damit lassen sich ungefähr 10 bis 20 Prozent aller Autofahrer abbilden.

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