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Italien: Giuseppe Conte droht Koalition mit Rücktritt

Der parteilose italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte will zurücktreten, wenn die Koalition aus Lega und Fünf-Sterne-Bewegung ihren Streit nicht beilegt. Es hänge nicht von ihm allein ab, ob es nach einem Jahr ihres Bestehens mit der Regierung weitergehe, sagte Conte vor Journalisten in Rom und rief die Partner auf, Verantwortung zu übernehmen: “Wenn nicht klar Verantwortung übernommen wird wie von mir gefordert (…), gebe ich das Mandat zurück in die Hände des Staatspräsidenten.” Er wolle nun eine klare, unmissverständliche und schnelle Antwort der Lega und der Fünf Sterne – das Land könne nicht warten.

Das Verhältnis zwischen der rechten Lega und der populistischen Bewegung hatte sich im Europawahlkampf zunehmend verschlechtert. Bei der Wahl Ende Mai hatte die Lega dann mit gut 34 Prozent etwa doppelt so viele Stimmen errungen wie der Partner. Lega-Chef Matteo Salvini forderte deshalb einen größeren Einfluss auf die Regierungspolitik und kündigte an, er wolle künftig die Prioritäten setzen. Salvini verspricht seitdem weiter drastische Steuersenkungen und hat Forderungen der EU nach Haushaltsdisziplin abgelehnt. Gestritten wird zwischen den nun ungleichen Partnern aber auch über die Migrationspolitik und Infrastrukturprojekte. Luigi Di Maio, Chef der Fünf Sterne, wies Salvinis Forderungen zurück: Für ihn habe sich durch die neuen Machtverhältnisse nach der Wahl nichts geändert.

Eine ernsthafte Krise wird immer wahrscheinlicher – an deren Ende auch eine Neuwahl stehen könnte. Für den Fall eines Zusammenbruchs der Regierung wird spekuliert, dass das Parlament Ende Juli aufgelöst und dann Ende September gewählt werden könnte.

Conte: Italien soll EU-Schuldenregeln einhalten

Direkt im Anschluss an Contes Pressekonferenz schrieb Salvini auf Facebook: “Wir sind bereit, wir wollen weitermachen und wir haben keine Zeit zu verlieren, die Lega ist dabei.” Allerdings listete er eine Reihe von Forderungen auf, darunter mehr Befugnisse für Regionen im Norden, die den Fünf Sternen nicht gefallen dürften. Sterne-Chef Di Maio teilte mit, die Bewegung habe die Regierung immer unterstützt. “Wir sind treu, wir wollen uns sofort an die Arbeit machen und wir glauben, dass Fakten in diesem Moment die beste Antwort sind.” Er forderte ein Spitzentreffen der Regierung – und ein Ende der Attacken gegen Minister der Sterne.

Conte sagte, dass die Regierung vor schwierigen Entscheidungen über den Haushalt 2020 stehe und dass das Land auf das Vertrauen der Finanzmärkte angewiesen sei. Die EU-Kommission hat Italien einen Warnbrief wegen steigender Schulden geschickt. Am Mittwoch könnte deshalb ein Verfahren eingeleitet werden. Die seit Mitte 2018 amtierende Regierung will das Wirtschaftswachstum unter anderem mit Steuersenkungen und höheren Sozialausgaben steigern und nimmt dafür höhere Schulden in Kauf. Nach Einschätzung der EU-Kommission bewegt sich Italien auf ein ausuferndes Defizit zu, falls die Koalition nicht gegenlenkt. Conte forderte, Italien müsse die Schuldenregeln der EU einhalten.

Contes Ultimatum war wohl die deutlichste Ansage, die der Regierungschef seit dem Antritt der Koalition im Juni 2018 gemacht hat. Als eigentlicher starker Mann gilt Salvini, der sich gern auch in Angelegenheiten einmischt, die nicht sein Ressort betreffen. Die Fünf Sterne und Conte – der als unabhängiger Kandidat auserkoren worden war, die Koalition anzuführen und die Umsetzung des Koalitionsvertrags zu gewährleisten – kamen schon vor der Europawahl aus dem Schatten des Innenministers nur schwer heraus.

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