/BDI-Präsident: “Die Regierungspolitik schadet den Unternehmen”

BDI-Präsident: “Die Regierungspolitik schadet den Unternehmen”

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat die Industriepolitik der Großen Koalition als verfehlt kritisiert. “Die Regierungspolitik schadet den Unternehmen”, sagte der Präsident des BDI, Dieter Kempf, anlässlich des Tags der Deutschen Industrie. Die Bundesregierung habe die Wirtschaft und die Gesellschaft in der ersten Hälfte der Legislaturperiode “nicht wirklich nach vorne befördert”.

Die große Koalition steht seiner Ansicht nach für das Abarbeiten kleinteiliger Sozialpolitik und ein ungesundes Maß an Umverteilung. Als Beispiel nannte Kempf das Baukindergeld und Mütterrente, an denen sich zeige, dass durch “soziale Segnungen” zu wenig Geld für wichtige Dinge zur Verfügung stehe.

In der Energie- und Klimapolitik mangele es zudem an Klarheit. Vage Ankündigungen bis zum Herbst, wie durch das Klimakabinett in der vergangenen Woche, reichten nicht aus. Deutschland sei in der Lage, bis zum Jahr 2050 bei optimaler politischer Steuerung 80 Prozent seiner Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 einzusparen. Wenn es der Politik gelinge, den Klimaschutz zu internationalisieren, könne Deutschland im Verbund mit anderen Industrieländern sogar mehr als 80 Prozent erreichen, so Kempf.

Kempf: Zeit verloren, Vertrauen verspielt

Ein deutscher Alleingang in der Klimapolitik sorge hingegen für extrem hohe Kosten, habe aber kaum einen positiven Effekt auf den Klimaschutz. Kempf nannte die Möglichkeit einer CO2-Bepreisung. Diese sei zwar kein Wundermittel, das alle Probleme löse. In Verbindung mit anderen Instrumenten könne eine solche Maßnahme aber dabei helfen, die Klimaziele zu erreichen.

Auch “einfache und effiziente Maßnahmen schiebe die Politik auf die lange Bank”, kritisierte Kempf und nannte als Beispiel die Förderung der energetischen Gebäudesanierung durch den Aufbau steuerlicher Anreize. Der BDI-Präsident forderte zudem die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags und eine rasche Modernisierung der Unternehmenssteuern.

In der ersten Hälfte der Legislatur habe die Regierung dagegen “viel zu viel Zeit verloren” und einen großen Teil des in sie gesetzten Vertrauens verspielt. Auch die Interessen der Jugend und Nachfolgegenerationen würden zu wenig zu vertreten

Merkel weist Kritik zurück

Die Bundeskanzlerin wies die Kritik zurück. Vertrauen in die Bundesregierung sei genauso wichtig wie Vertrauen in die Wirtschaft, sagte sie. Seit ihrem Amtsantritt vor einem Jahr und drei Monaten habe sich die Bundesregierung aber lange mit dem verlorenen Vertrauen in die Automobilindustrie und Regelbrüchen beschäftigen müssen. Zudem hätten Politik und Wirtschaft angesichts der großen Herausforderungen durch den digitalen Wandel eine gemeinsame Verantwortung.

Angela Merkel verwies außerdem auf höhere Ausgaben für den Digitalpakt, die Forschung und Investitionen der Regierung etwa bei der Künstlichen Intelligenz. Die Koalition plane außerdem eine steuerliche Forschungsförderung und das Gesetz zur Fachkräfteeinwanderung.

Kritik an der Industriestrategie von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) wies Merkel ebenfalls zurück. Altmaier hatte sich dafür ausgesprochen, dass der Staat über einen Fonds für einen befristeten Zeitraum als Erwerber von Unternehmensanteilen auftreten kann. Die Kanzlerin äußerte sich verwundert über die Kritik an Altmaiers Vorstoß. Es gehe nicht um Verstaatlichungen. Der Staat müsse aber in der Lage sein, Infrastrukturen wie Stromnetze zu schützen.

Kritische Worte richtete Merkel im Gegenzug an den deutschen Mittelstand. Dieser sei
bei der Plattformwirtschaft – also beispielsweise Clouds und
der Speicherung von Daten – sowie neuen Geschäftsmodellen nicht gut genug
aufgestellt.

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