/Robert Mueller: Muellers Schlussstrich

Robert Mueller: Muellers Schlussstrich

StVor diesem Mittwoch wussten vermutlich nur wenige
US-Amerikaner, wie Robert Muellers Stimme klingt. Zwei Jahre lang hat
der Sonderermittler kein einziges Interview gegeben. Die fast
wöchentlichen Berichte über den Stand der Ermittlungen zur Einmischung
Russlands in den Wahlkampf 2016
und etwaige Absprachen der
Trump-Kampagne mit Moskau wurden meist mit Archivfotos bebildert. Die
Schweigsamkeit des ehemaligen FBI-Chefs nährte die Spekulationen über
dessen Erkenntnisse. Umso gespannter waren am Mittwochmorgen die
Washingtoner Medien, als das Justizministerium bekannt
gab, dass Mueller noch am selben Vormittag eine Pressekonferenz abhalten würde. 

Doch wer sich bahnbrechende neue Erkenntnisse zu
etwaigen Vergehen des US-Präsidenten aus Muellers Mund erwartete wurde
enttäuscht. Mueller nutzte die Pressekonferenz um zu verkünden, dass seine Arbeit nun endgültig abgeschlossen sei und er seinen Dienst beim Justizministerium beende. Zu seinen Ermittlungen sagte der 74-Jährige nur: “Meine Aussage ist in meinem Bericht.”

Keine Mutmaßungen über Trump

In den knapp zehn Minuten wiederholte Mueller dann auch lediglich das, was in seinem Report steht. Russland hat mit Manipulationen in den
sozialen Medien und der Veröffentlichung privater Emails der
Clinton-Kampagne versucht, die Wahl zu beeinflussen. Was die Frage nach
einer möglichen Justizbehinderung Trumps anginge, sei man zu keinem
Urteil gelangt, weil man Präsidenten nach geltender Rechtsauffassung des
Justizministeriums nicht anklagen könne. “Wir werden uns nicht zu
etwaigen Schlussfolgerungen in dieser Frage äußern, noch zu irgendwelchen
Hypothesen über den Präsidenten”, sagte Mueller. Gerade diese Äußerung
dürfte die Demokraten ärgern. Denn damit ist nahezu
ausgeschlossen, dass Mueller seine Schilderungen zu möglichen Vergehen
Trumps öffentlich bewertet.

Noch wichtiger ist: Robert Mueller hält eine
öffentliche Aussage vor dem Kongress für unnötig. “Ich würde keine
Informationen bereitstellen, die nicht schon veröffentlicht wurden”,
sagte der Sonderermittler. Es scheint, als wolle er einen Schlussstrich
unter die Ermittlungen ziehen.  

Möglicherweise hat Mueller kein Interesse daran, sich von den Demokraten im Kongress für ein medienwirksames
Tribunal über die Fehltritte Donald Trumps einspannen zu lassen. Eine im ganzen Land
übertragene Anhörung hätte maximale Aufmerksamkeit garantiert und
Muellers Ermittlungen erneut ins Rampenlicht gestellt. Vermutlich haben
nur wenige US-Bürger den 448 Seiten langen Bericht gelesen, der mehrere
mögliche Fälle von Justizbehinderung des US-Präsidenten beschreibt. Eine
öffentliche Aussage Muellers zur besten Sendezeit hätte die Wirkung des Ermittlungsberichts dagegen deutlich erhöht. 

Doch Robert Mueller gilt als seriöser Staatsdiener,
der offenkundig wenig Interesse daran hat, sich zwischen den politischen
Fronten im Kongress aufreiben zu lassen.

Laut Medienberichten hatte der Sonderermittler
darum gebeten, die Fragen der Kongressabgeordneten unter Ausschluss der
Öffentlichkeit beantworten zu dürfen. Damit hätten die Parlamentarier ihre
verfassungsmäßige Kontrollfunktion ausüben und weitere Erkenntnisse
erlangen können. Allerdings hätten die Demokraten auf das
Medienspektakel einer öffentlichen Anhörung verzichten müssen. Dazu
waren Trumps Gegner offenkundig nicht bereit. Zumindest ist es
augenscheinlich zu keiner Einigung gekommen – und nun versucht Mueller
sich der Aussage gänzlich zu entziehen. Allzu sehr sollte man sich also
nicht an den Klang seiner Stimme gewöhnen.

Andere Themen sind vielen Wählern wichtiger

Für die Demokraten ist das bitter. Zwar wäre es
möglich, ihn auch gegen seinen Willen zu einer Aussage vorzuladen, doch
der Sonderermittler könnte zu jeder Frage auf seinen Bericht verweisen.
Gewonnen wäre damit nichts. Und nachdem die Demokraten Mueller zwei
Jahre lang als unbestechlichen Ehrenmann feierten, könnte eine für den
Sonderermittler demütigende Vorladung auch dessen Ansehen beschädigen.

Allerdings hat Mueller bei dieser Pressekonferenz auch erneut – und mit
deutlicher Betonung – darauf hingewiesen, dass die Entscheidung, ob
Trump für seine vielfältigen Versuche, die Ermittlungen zu behindern,
belangt werden kann “außerhalb des Strafverfolgungssystems” stattfinden
müsse. Damit meint Mueller den US-Kongress, der auf Basis des Berichts
ein etwaiges Amtsenthebungsverfahren gegen Trump anstrengen könnte.  

In den vergangenen Wochen sind entsprechende
Forderungen aus der Demokratischen Partei wieder lauter geworden. Doch
an der seit Monaten unveränderten Grundkonstellation in dieser Frage hat
sich nichts geändert. Für ein so genanntes Impeachment bräuchte man
eine Mehrheit in beiden Kammern des US-Kongresses. Im Senat sind jedoch
die Republikaner in der Mehrzahl.

Nichts deutet darauf hin, dass genug Abgeordnete
der Gegenseite ein Amtsenthebungsverfahren unterstützen würden. Auch
politisch wäre das Manöver sehr riskant. Denn Trumps Anhänger stört
dessen Gleichgültigkeit gegenüber demokratischen Gepflogenheiten
offenbar nicht. Die Zustimmungsraten des Präsidenten veränderten sich im
Langzeitvergleich nach der Veröffentlichung des Mueller-Reports nur
unwesentlich. Und die übrigen Wähler interessieren sich laut Umfragen
mehr für andere Themen wie Gesundheit, Immigration und die
Wirtschaftslage. Abgesehen von den weiteren parlamentarischen
Ermittlungen hat der Mueller-Report den Demokraten also wenig gebracht.

Robert Mueller hat beschlossen unter die
Russland-Ermittlungen einen Schlussstrich zu ziehen. Er will sich nun
ins Privatleben zurückziehen. Die Demokraten müssen nun überlegen, ob
sie seinem Beispiel folgen und sich ebenfalls anderen Dingen widmen
wollen.  

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