/Pressefreiheit: Innenministerium will Überwachung von Medien erlauben

Pressefreiheit: Innenministerium will Überwachung von Medien erlauben

Einem Bericht der Organisation Reporter ohne Grenzen zufolge bestehen im Bundesinnenministerium unter der Leitung von Horst Seehofer (CSU) Pläne, die die Überwachung von Medienhäusern, Verlagen, Rundfunkanstalten und freien Journalistinnen und Reportern möglich machen könnten.

Ein Referentenentwurf des Innenministeriums will die Befugnisse von Geheimdiensten ausweiten: Damit sei es In- und Auslandsgeheimdiensten auch erlaubt, die Server, Computer und Smartphones von Journalisten zu hacken. Mithilfe bestimmter Software könnten die Geheimdienste zum Beispiel verschlüsselte Kommunikation einsehen oder die Server verdeckt nach digitalen Daten durchsuchen; gespeicherte Dokumente, Browserverläufe, Gesprächsmitschnitte wären somit zugänglich.

Der Einsatz sogenannter Staatstrojaner ist seit 2017 grundsätzlich erlaubt, die Verwendung gegen Medien ist davon aber explizit ausgenommen – so soll das Redaktionsgeheimnis auch digital gewahrt werden. Mit den Plänen des Bundesinnenministeriums könnte sich das ändern: Wenn die Geheimdienste ihr Interesse an den zu erlangenden Informationen als schwerwiegender einschätzten als den möglichen Schaden für die Pressefreiheit, werde die digitale Durchsuchung gestattet, schreibt Reporter ohne Grenzen. Mit derartigen Onlinedurchsuchungen ließe sich beispielsweise auch die Identität von journalistischen Quellen feststellen.

Auch für die Überwachung verschlüsselter Kommunikation zwischen Medienschaffenden und Quellen würde der Gesetzesentwurf den Weg ebnen: Auf richterliche Anordnung hin wären Messenger-Dienste gezwungen, die Kommunikation ihrer Kunden den Behörden in lesbarer, also unverschlüsselter Form zur Verfügung zu stellen. Zudem solle erlaubt werden, Buchungsdaten von Recherchereisen mit Bahn oder Mietwagen abzufragen.

Ein “geradezu abenteuerliches” Vorhaben

Bekannt geworden war der Entwurf für ein “Gesetz zur Harmonisierung des Verfassungsschutzrechts” durch eine Veröffentlichung auf der Seite netzpolitik.org. Die NGO Reporter ohne Grenzen kritisierte das Vorhaben: “Damit
würde eine der Säulen der Pressefreiheit in Deutschland, das
Redaktionsgeheimnis, fallen.” Der Geschäftsführer der Organisation, Christian Mihr, forderte Innenminister Seehofer auf, die “Pläne seines Ministeriums unverzüglich zu stoppen”.

Vertreter der großen Koalition reagierten mit Erstaunen auf das Vorhaben des Innenministeriums: “Sollte es solche Pläne geben, so widersprechen sie der Digitalen Agenda
und der bisherigen Beschlusslage der Bundesregierung”, sagte etwa der
CDU-Abgeordnete Thomas Jarzombek (CDU) dem Handelsblatt. Der SPD-Digitalpolitiker Jens Zimmermann bezeichnete die Vorschläge gegenüber der Zeitung als “geradezu abenteuerlich”. Den Schutz einer sicheren Ende-zu-Ende-Verschlüsselung “sehenden Auges zu schwächen, wäre fahrlässig”, sagte er.

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