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Krebsnachsorge: Nach der Therapie

Dieser Artikel stammt aus der ZEIT-Doctor-Beilage: Welche Ernährung Krebspatienten stärkt und ihnen die Freude am Essen erhält.

Befragungen zeigen: Wer eine Tumorerkrankung überstanden hat, ist oft sehr
zufrieden mit seinem Leben. Das liegt auch daran, dass sich nach einer schweren Krankheit
häufig die Maßstäbe verändern, mit denen man seine Lebensqualität beurteilt. Aus diesem Impuls
heraus scheinen Krebsüberlebende zudem besser auf sich Acht zu geben. Das zeigt etwa eine
Studie der Hochschule Fulda, für die mehr als 200 ehemalige Brustkrebspatientinnen nach ihren
Lebensgewohnheiten befragt wurden. Die Therapie lag dabei mindestens vier Jahre zurück. Es
zeigte sich, dass die Frauen im Vergleich zur Normalbevölkerung bewusster essen sowie
körperlich aktiver und etwas seltener von Übergewicht betroffen sind. “Das ist ein guter Beleg
dafür, wie motiviert Krebsüberlebende sind, sich für ihre Gesundheit zu engagieren”, sagt die
Studienautorin Kathrin Kohlenberg-Müller, die an der Hochschule Fulda Ernährungsphysiologie
lehrt.

Was viele ehemalige Patienten umtreibt, ist natürlich die Sorge, der Krebs könnte zurückkommen. Ob er je wiederkehrt, hängt aber von vielen Ursachen ab, auf die ein Mensch keinen Einfluss hat – etwa vom Alter, der erblichen Veranlagungen oder einfach vom Pech. Der einzige Faktor, den Menschen aktiv gestalten können, um das Risiko für Rückfälle, statistisch betrachtet, zu senken, ist ihr Lebensstil, das zeigen viele Studien. Dabei wirken regelmäßige körperliche Aktivität und auch der Verzicht aufs Rauchen sehr positiv. Ebenso, wenig Alkohol zu trinken und Übergewicht zu vermeiden. Eine gesunde Lebensführung senkt zudem das Risiko für weitere Erkrankungen, von denen ehemalige Krebspatienten als Spätfolge der Therapie eher betroffen sind als die Durchschnittsbevölkerung: etwa Herz-Kreislauf-Leiden, Bluthochdruck oder Diabetes mellitus.

Wer als Krebsüberlebender vorsorgen will, kann sich an den bekannten Empfehlungen orientieren, die Mediziner auch allen gesunden Menschen geben: täglich neben Bewegung Phasen der Entspannung einplanen. Gewicht halten, sich abwechslungsreich ernähren. Für die Frage, was am besten auf den Teller kommt, liefern die Regeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) gute Anhaltspunkte. Den größten Teil jeder Mahlzeit machen im Idealfall pflanzliche Lebensmittel aus, vor allem Gemüse in allen Formen, Farben und in großer Menge. Bei Getreideprodukten wie Brot, Reis und Nudeln am besten die Vollkornvariante wählen. Mit Obst, pflanzlichen Ölen, fettarmen Milchprodukten, Eiern und Fisch ergänzen. Fleisch nicht täglich essen, an Wurstwaren und rotem Fleisch sparen. Fertiglebensmittel und süße Getränke eher als Ausnahme betrachten.

Diese Empfehlungen basieren auf den am besten belegten Ergebnissen zahlreicher Ernährungsstudien. Was sie jedoch nicht berücksichtigen, sind die individuellen Bedürfnisse, die Krebsüberlebende aufgrund ihrer Krankheitsgeschichte mitbringen können. Wem etwa Teile des Magen-Darm-Traktes entfernt wurden, der benötigt mitunter eine ballaststoffreichere Kost, um die Verdauung anzuregen. Manche Brustkrebspatientinnen werden durch eine fortgesetzte Antihormonbehandlung in vorzeitige Wechseljahre versetzt. Dadurch kann es sein, dass sich früher als durchschnittlich ihre Knochendichte verringert und sie eine Osteoporose entwickeln. Frauen, die diese Arzneimittel einnehmen, können mit Bewegung, aber auch mit reichlich Milchprodukten vorbeugen, weil das darin enthaltende Kalzium die Knochen stärkt. Manche Frauen machen sich neuerdings Sorgen, dass sie mit Milchprodukten Hormone aufnehmen, die das Tumorwachstum begünstigen könnten. Doch diese Sorge sei unbegründet, sagen seriöse Forscher, es handele sich dabei um einen modernen Mythos: Denn die Hormonmengen in Käse, Joghurt und Milch, die ein Mensch normalerweise zu sich nehmen könne, seien viel zu gering, um negativ zu wirken.

Diese Beispiele zeigen, wie wichtig es ist, dass Krebsüberlebende auch jenseits von Therapie und medizinischer Nachsorge professionelle Unterstützung bekommen. Erste Tumorzentren haben den Bedarf erkannt und entwickeln Konzepte, die eine individuelle Ernährungsberatung als Teil der sekundären Prävention vorsehen. Ein Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Vermeidung von Übergewicht. Denn im Fettgewebe können Entzündungsreaktionen in Gang gesetzt werden, die sich ungünstig auf das Rezidivrisiko auswirken können. In Hessen bietet die Landeskrebsgesellschaft bereits in fünf verschiedenen Städten Ernährungskurse an, die sich speziell an Krebsüberlebende und ihre Angehörigen richten. Die Kursleiterin Ulrike Kreinhoff berät oft Frauen, die nach ihrer Brustkrebstherapie erfolglos versuchen abzunehmen. “Hier ist psychologischer Beistand wichtig”, sagt sie, die Patientinnen könnten wegen der Hormontherapie nichts für ihr Übergewicht. Optimal sei schon, nicht weiter zuzunehmen. Vor allem aber ist ihr wichtig: “Besonders Abnehmversuche sollten ehemalige Krebspatienten immer durch Ernährungsprofis begleiten lassen.”

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