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Klimaschutzgesetz: Zum Klimaschutz gezwungen

Wenn sich an diesem Mittwoch das Klimakabinett der Bundesregierung trifft, ist die Tagesordnung vordergründig klar: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und Innenminister Horst Seehofer (CSU) sollen in der Sitzung darlegen, wie sie die Klimaziele ihrer Ressorts für 2030 erreichen wollen. Das ist überfällig: Eigentlich hätten sie ihre Pläne bereits im März erläutern sollen. Nur Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) hat schon geliefert, auch wenn Klimaorganisationen ihre Vorschläge für unzureichend halten.

Das klingt, als stünde eine eher öde technische Debatte an. Aber tatsächlich könnte es auf der Sitzung um viel grundsätzlichere Fragen gehen, als aus der Tagesordnung hervorgeht. Denn die Europawahl vom Wochenende hat die Atmosphäre verändert, in der das Klimakabinett tagt. Die deutschen Grünen gewannen unerwartet viele Stimmen und viele Wählerinnen und Wähler gaben an, Klimapolitik sei ein wichtiger Faktor ihrer Entscheidung gewesen.

Die neue Lage zeigte bereits die Entscheidung von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD), ihren Entwurf eines Klimaschutzgesetzes am Montag an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vorbei in die sogenannte Ressortabstimmung zu geben. Der Entwurf sieht vor, dass die deutschen Emissionen bis 2050 um 95 Prozent sinken sollen, er legt etwas schärfere Ziele für die einzelnen Wirtschaftssektoren fest als bislang vorgesehen, und er legt auch ziemlich genau fest, wie die Emissionen sinken sollen. Seit Februar hatte das Dokument im Bundeskanzleramt gelegen und war dort laut Schulze ignoriert worden. Dabei wäre es eigentlich die Aufgabe des Kanzleramts gewesen, etwaige Streitpunkte zwischen den Ministerien frühzeitig auszuräumen, um die folgende Abstimmung zu erleichtern. Doch das geschah nie.

Die Union ist beim Klimaschutz uneins

Jetzt will Schulze den Druck erhöhen. “Als Ressortchefin für Klimaschutz kann ich nicht länger auf die
Befindlichkeiten in der Union Rücksicht nehmen”, sagte sie. Also bat sie die zuständigen Referate im Wirtschafts-, Verkehrs- und Landwirtschaftsministerium eben eigenmächtig um Stellungnahme. Offenbar fühlt die Umweltministerin sich durch die Ergebnisse der Europawahl ermutigt.

Die CDU allerdings ist bei dem Thema gespalten. Die Debatte um die CO2-Steuer habe der SPD “wohl mehr geschadet als genutzt”, twitterte Thomas Bareiß, parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, nach der Wahl. Der energiepolitische Sprecher der Unionsfraktion, Joachim Pfeiffer, nannte die Diskussion um Klimaschutz in Deutschland im Tagesspiegel Background Energie und Klima “nur noch schwer erträglich” und sagte, das Thema sei für viele “eine Art Ersatzreligion” geworden. Fraktionsvize Georg Nüßlein nannte Schulzes Vorgehen ein “panikgetriebenes Manöver”.

In der Partei streiten zwei Flügel gegeneinander. Da sind einerseits die klimapolitisch vergleichsweise progressiven Politiker, zu denen man in Berlin auch Wirtschaftsminister Altmaier und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet rechnet. Auf der anderen Seite stehen jene, die glauben, dass ein ambitionierter Klimaschutz der Wirtschaft schade und dass man ein globales Problem wie die Klimakrise nicht durch nationalen Ehrgeiz lösen könne. Die ehemalige Klimakanzlerin Merkel hält sich raus aus den Niederungen der konkreten Klimapolitik und verspricht stattdessen lieber neue große Ziele, beispielsweise ein klimaneutrales Deutschland bis 2050 (was Schulzes Gesetz ja praktisch vorsieht). Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer steht, so ist zu hören, zwischen beiden Gruppen.

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