/IS-Kämpfer: Jesidinnen zeigen Bundesregierung wegen Strafvereitelung an

IS-Kämpfer: Jesidinnen zeigen Bundesregierung wegen Strafvereitelung an

Vertreterinnen der jesidischen Glaubensgemeinschaft werfen der Bundesregierung laut einem Bericht vor, nicht ausreichend gegen in Nordsyrien inhaftierte deutsche IS-Kämpfer vorzugehen. Der Dachverband des Ezidischen Frauenrats habe deshalb Strafanzeige wegen Strafvereitelung im Amt gegen Justizministerin Katarina Barley (SPD) und Innenminister Horst Seehofer (CSU) gestellt, berichtete tagesschau.

In der Anzeige heißt es, die Bundesregierung weigere sich, eine Rückholung der Terrorverdächtigen einzuleiten, obwohl Vertreter der kurdischen Selbstverwaltung in Nordsyrien mehrfach angeboten hätten, sie für eine Strafverfolgung zu überstellen. Diese “Unterlassung” sei als “Straftatbestand der Strafvereitelung” zu werten. Zahlreiche deutsche IS-Kämpfer stünden im Verdacht, an Kriegsverbrechen gegen die jesidische Bevölkerung im Irak beteiligt gewesen zu sein, etwa an der Versklavung jesidischer Mädchen und Frauen.

Durch die Verweigerung der Überstellung werde “die Bestrafung wenn nicht vereitelt, so jedenfalls erheblich verzögert”, sagt der Frankfurter Strafverteidiger Berthold Fresenius, der den Frauenrat juristisch vertritt. Das Bundesjustizministerium teilte laut tagesschau mit, die Strafanzeige liege nicht vor, weshalb man die Vorwürfe nicht kommentieren könne. Jeder Fall der gefangenen IS-Kämpfer werde aber einzeln geprüft. Das Innenministerium gab an, für Dschihad-Rückkehrer würden vor einer Wiedereinreise umfangreiche polizei- und strafrechtliche Maßnahmen geprüft und eine individuelle Gefahreneinschätzung vorgenommen.

74 deutsche IS-Anhänger unter den Gefangenen

Alle deutschen Staatsbürger hätten grundsätzlich ein Recht auf Rückkehr nach Deutschland und müssten sich vor der deutschen Strafjustiz verantworten, teilte das Ministerium weiter mit. Deutschland respektiere aber auch das Strafverfolgungsinteresse in den Staaten, in denen sie ihre Straftaten begangen haben sollen, sofern rechtsstaatliche Maßstäbe gewahrt würden – vor allem mit Blick auf die Todesstrafe. Das gelte insbesondere für den Irak. In Syrien könne die Bundesregierung wegen der bewaffneten Auseinandersetzungen derzeit keine Rechts- und Konsularaufgaben wahrnehmen.

Seit der Eroberung der vom IS besetzen Gebiete in Nordsyrien durch die Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) befinden sich mehr als 1.000  ausländische IS-Kämpfer in deren Gewahrsam – Syrer und Iraker ausgenommen. Die SDF fordern die Schaffung von UN-Sondergerichten für die Kämpfer. Nach Informationen von WDR und NDR sind darunter mindestens 74 deutsche IS-Anhänger. Die Bundesanwaltschaft soll gegen 21 von ihnen Haftbefehle wegen Mitgliedschaft und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung sowie Kriegsverbrechen erwirkt haben. Sie würden bei einer Rückkehr nach Deutschland wohl unmittelbar in Haft kommen und vor Gericht gestellt werden.

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