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Europäische Union: Was nicht passt, wird passend gemacht

Um ein kompliziertes Puzzle zusammenzufügen, braucht es Zeit. Geduld wäre auch nicht schlecht. In den Herzkammern der Europäischen Union ist beides gerade nicht im Überfluss vorhanden. Die interessierte Öffentlichkeit verlangt nach den Wahlen zum neuen EU-Parlament so bald wie möglich eine Antwort auf die Posten-Fragen:

Wer wird Kommissionschef oder -chefin? Wer folgt Mario Draghi als Präsident der Europäischen Zentralbank? Wie heißt die neue Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, oder wird es ein Mann? Und wer soll künftig die demokratischste aller EU-Institutionen, das EU-Parlament verkörpern?

Wie bei jedem großen Puzzle ist es ratsam, zunächst die Eckstücke zu setzen, die Mitte geht meist leichter. Das wichtigste Teil: der Chefposten in der EU-Kommission, quasi die Regierungsbehörde der EU. Die Person, die an diese Stelle passt, muss in den kommenden fünf Jahren Gesetzesvorschläge einbringen und den neuen EU-Haushalt verwalten. Kann auch sein, dass der- oder diejenige die EU im Handelskrieg gegen Donald Trump behaupten, die Klimakrise meistern, sich gegen China stark machen muss. Außerdem wäre es gut, die EU weiter zu demokratisieren und eine europäische Lösung zur Flüchtlingsverteilung zu finden. Der Job ist kein langweiliger.

Macron bringt das Spiel durcheinander

Eigentlich hat Manfred Weber die besten Chancen, das Puzzle an dieser Stelle zu vervollständigen. Wie es das Spitzenkandidatenprinzip vorsieht, ist Weber europaweit in den Wahlkampf gezogen und hat am Ende als Kandidat der konservativen EVP-Fraktion die meisten Stimmen bekommen. Vor fünf Jahren, als das Spitz-Prinzip (EU-Slang) erstmals angewendet wurde, brauchte es zwar auch einige Monate und Debatten, bis das Puzzle komplett war. Am Ende aber war Jean-Claude Juncker der Posten sicher, obwohl David Cameron als britischer Premier gegen ihn mobilisierte (Schlacht von Brüssel).

Eines von Webers Problemen besteht darin, dass 2019 nicht 2014 ist. Inzwischen gibt es den Brexit-Entschluss der Briten, den französischen Präsidenten Emmanuel Macron und etwa in Dänemark, Spanien und den Benelux-Ländern Regierungen, die sich Weber nur schwer in der Rolle des Kommissionschefs vorstellen können. Macron meint, es brauche “die Besten” für die Spitzenjobs in der EU, Politiker mit “großer Erfahrung” – Webers Name fällt ihm in diesem Zusammenhang nicht ein. Der Franzose favorisiert die liberale dänische EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager oder den Brexit-Beauftragten der EU, Michel Barnier. Frans Timmermans, dem zweiten echten Spitzenkandidaten neben Weber, attestierte Macron wenigstens die nötige Kompetenz.

Macron könnte Webers mächtigster Gegenspieler werden und das Puzzle gehörig durcheinanderbringen. Der Franzose kann nicht nur im Rat unter den 27 Staats- und Regierungschefs gegen den Deutschen Mehrheiten organisieren, sondern auch im Parlament seine neue Macht einsetzen. Dort ist seine Partei mit den Liberalen verschmolzen und damit die drittstärkste Kraft.

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