/Sozialdemokraten: Stephan Weil fordert Profilschärfung der SPD

Sozialdemokraten: Stephan Weil fordert Profilschärfung der SPD

Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hat sich für eine Neuausrichtung seiner Partei ausgesprochen. Der Bild sagte Weil: “Wir müssen klären, wofür wir als Partei im Kern stehen und
womit wir uns den Wählern stellen.”

Die SPD müsse ihr thematisches Portfolio verkleinern und sich auf entscheidende Themen konzentrieren: auf Umwelt, Arbeit, Wohnungsbau und Mietpreise und den Fortbestand des Sozialstaats. “Wir müssen weg vom
Gemischtwarenladen, in dem es irgendwie alles für alle gibt”, fasste es Weil zusammen. Seiner Meinung nach äußerten sich die Sozialdemokraten in ihrem aktuellen Wahlprogramm “wirklich zu jedem Problem auf dieser Welt”. Die Wirkung dieser Einstellung nach außen führe aber nicht zum Erfolg: “Das muss anders
werden, konzentrierter.”

Bei der Europawahl am vergangenen Sonntag hatte die SPD weniger als 16 Prozent der Stimmen erreicht und sich im Vergleich zur letzten Europawahl 2014 damit um mehr als elf Prozentpunkte verschlechtert. Sie wurde hinter der Union und den Grünen nur drittstärkste Kraft. Auch bei der Bürgerschaftswahl in Bremen kamen die Sozialdemokraten zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg nur auf Platz zwei.
In der Konsequenz auf diese für die SPD sehr enttäuschenden Ergebnisse hatte Parteichefin Andrea Nahles am Montag angekündigt, sich in der Fraktion vorzeitig zur Wiederwahl zu stellen. Regulär hätte der SPD-Fraktionsvorstand erst im September gewählt werden müssen. 

Eine Personaldebatte hilft der Partei in den Augen Weils jedoch nicht: “Das lenkt von den wirklich schweren Fragen ab, was uns im Kern
als Partei aus- und zukunftsfähig macht”, sagte er der Zeitung. Entscheidend sei ein gutes Programm der SPD: “Es hängt nicht
nur an Köpfen.”

Hat die SPD Argumente dafür, die große Koalition zu verlassen?

Auch die SPD-Politikerin Hilde Mattheis, die in der SPD für linke Politik steht, forderte eine klarere Positionierung der Sozialdemokraten: Sie sei überzeugt davon, dass sich die SPD “wieder
sehr viel stärker weiter links orientieren” müsse und nicht nur mit
Einzelthemen wie der Grundrente aufwarten dürfe, sagte sie dem ARD-Morgenmagazin. In den vergangenen Jahren habe es der Partei an “Konsequenz in der eigenen Haltung” gemangelt. Ein eindeutiges Profil sei für die SPD auch deshalb wegweisend, damit sie sich von ihrem Koalitionspartner CDU/CSU abgrenzen könne: Sie brauche “Argumente, aus der großen Koalition auszusteigen”.

Zur Wahl der oder des Fraktionsvorsitzenden sagte Mattheis: “Ich glaube, dass wir mit ganz offenem Visier in diese Debatte gehen müssen, weil es uns nichts hilft, wenn wir jetzt Probleme oder Konflikte unter den Tisch kehren.” Es werde sich zeigen, “ob jemand auch die Gegenkandidatur wagt”.

Sebastian Hartmann, der der SPD in Nordrhein-Westfalen vorsitzt, rief die Partei ebenfalls dazu auf, sich inhaltlich neu aufzustellen: “Seit 2005 haben wir kein klar erkennbares Profil mehr”, sagte Hartmann der Rheinischen Post. Die SPD dürfe die Debatte nicht scheuen: “Die Zeit für Konsens ist vorbei. Nur in der Auseinandersetzung um Inhalte werden wir von den Menschen noch wahrgenommen.” Gleichzeitig warnte der NRW-Vorsitzende der SPD davor, nun die Klimapolitik der – in der Wahl erfolgreicheren – Grünen nachzuahmen.

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