/Benjamin Netanjahu: Israel steuert auf Neuwahlen zu

Benjamin Netanjahu: Israel steuert auf Neuwahlen zu

Aufgrund
der Pattsituation bei den Koalitionsverhandlungen droht in Israel nur
sieben Wochen nach den Parlamentswahlen eine Auflösung der Knesset.
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat es bisher nicht geschafft,
eine Mehrheit für eine Koalition zusammenzubekommen. Deshalb hat ein
Mitglied seiner Likud-Partei zwei Tage vor dem Fristende zur
Regerungsbildung einen Antrag zur Parlamentsauflösung eingereicht.
In erster Lesung stimmten diesem 65 der 120 Abgeordneten zu.

Netanjahu
sagte unterdessen, es bleibe noch genügend Zeit, um eine solche unnötige Wahl zu verhindern. Eine erneute
Wahl würde das Land “ein Vermögen kosten und uns alle für ein
weiteres halbes Jahr lähmen”, sagte der Ministerpräsident
nach der Abstimmung in der Knesset. “Es bleibt noch Zeit und in
48 Stunden können wir vieles erreichen”, sagte Netanjahu. Die
Frist zur Regierungsbildung läuft am Mittwochabend ab.

Eine
von Netanjahu angestrebte Regierungskoalition rechter und religiöser
Parteien scheiterte bisher am Widerstand des ehemaligen
Verteidigungsministers Avigdor Lieberman und dessen Partei Israel
Beitenu (Unser Haus Israel). Streitpunkt ist dabei die Frage, ob auch
streng orthodoxe Juden in Zukunft zum Militärdienst verpflichtet
werden. Ein Gesetzentwurf Liebermans sieht das vor. Die streng
religiösen Parteien wollen das aber nicht mittragen. Netanjahu ist
auf die fünf Sitze von Israel Beitenu, aber auch auf die 16 Sitze
der Orthodoxen angewiesen.

Die
Likud-Partei hatte Israel Beitenu aufgefordert, einen Kompromiss zu
schließen. Lieberman aber sagte, er habe bereits Zugeständnisse
gemacht und sei nicht bereit, noch weiter zu gehen. Der ehemalige
Verteidigungsminister sagte, er sei bereit für Neuwahlen. “Es
geht ums Prinzip”, sagte Lieberman Journalisten. Netanjahus
Unfähigkeit, eine Regierung zu bilden, nannte er ein “riesiges,
nie dagewesenes Versagen”.

Trump wünscht Netanjahu Glück bei den Verhandlungen

Sollte
es bis Mittwochnacht keine Einigung auf eine Regierungskoalition
geben, könnte Präsident Reuven Rivlin Netanjahu weitere zwei Wochen
gewähren oder ein anderes Parlamentsmitglied mit der
Regierungsbildung beauftragen. Der Ministerpräsident könnte
allerdings auch versuchen, eine Minderheitsregierung zu bilden.
Sollten die Abgeordneten auch in zweiter und dritter Lesung für die
Auflösung der Knesset stimmen, müssten Neuwahlen stattfinden. Die
Wahlen müssten dann rund drei Monate später, also Ende August oder
Anfang September abgehalten werden.

Bei
den Parlamentswahlen am 9. April hatten die Likud und das
Oppositionsbündnis Kachol Lavan (Blau Weiß) des Ex-Militärchefs
Benny Gantz
fast gleich stark abgeschnitten. Insgesamt hat das Lager
rechter und religiöser Parteien eine Mehrheit.

US-Präsident
Donald Trump wünschte auf Twitter, dass die Regierungsbildung noch
erfolgreich verlaufen werde. “Hoffe, (…) Bibi und ich können
weiter die Allianz zwischen Israel und Amerika stärker als jemals
zuvor machen”, schrieb Trump. Bibi ist der Spitzname Netanjahus.
Ein Oppositionspolitiker kritisierte die Aussage laut dem
israelischen Fernsehen als Einmischung in die Innenpolitik des
Landes.

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