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Niko Kovač: Der Meistertrainer soll weg

Folgende Worte könnte man, rein theoretisch, nächste Woche aus München hören:

Wir trennen uns von Niko Kovač. Danke für zwei Titel, doch der Pokal ist uns nicht so wichtig und die Meisterschaft ist beinahe eine Selbstverständlichkeit. Das Double ist okay, aber Deutschland zählt für uns nicht mehr viel, sondern die Champions League. Und da waren wir zu schwach.

Diese Sätze sind erfunden, man wird sie vermutlich nicht hören, auch weil sie die Bundesliga brüskieren würden. Überhaupt ist nicht sicher, was mit Niko Kovač passieren wird. Das alles heißt aber nicht, dass das Zitat komplett Unwahres enthält.

Vorigen Samstag wurde Kovač mit Bayern Meister. Am heutigen kann er im Pokalfinale gegen RB Leipzig in seinem ersten Münchner Jahr das Double gewinnen. Dennoch wird über seine Zukunft diskutiert und die Führungskräfte im Verein geben ihm keine Deckung. Haben die eine Macke? Oder gute Gründe?

Die Bilanz des Bayerntrainers liest sich stark. Freilich, im Herbst erlebte die Mannschaft ein Tief. Doch das gestand die Vereinsspitze Kovač zu, zumal sie wusste, dass der Spielerkader stellenweise in die Jahre gekommen ist. Außerdem ging es nach dem 3:3 gegen Düsseldorf am 12. Spieltag Ende November stetig bergauf. Seitdem erreichte die Kovač-Elf in der Bundesliga in 22 Spielen 57 Punkte, einen Schnitt von 2,6 pro Spiel. Sie schoss dabei 65 Tore, nur einmal verlor sie. Das sind wahrhaft meisterliche Zahlen.

Eine besondere Stärke half ihm bei seinem ersten Titel als Trainer: Kovač erwies sich als äußerst resistent. Zweifel an ihm wurden dauerhaft öffentlich, selbst nach dem 5:0 gegen den Konkurrenten Dortmund. Doch wo andere Trainer längst eine Wutrede gehalten, also kapituliert hätten, beschwerte sich Kovač nie, punktete stattdessen mit Gelassenheit, Gewitztheit und Humor. Mit einem Appell an die Menschlichkeit vor dem letzten Spieltag, emotional, aber leise vorgetragen, sammelte er Sympathien. Zweifellos beherrscht er eine hohe Trainerkunst: Wenn du rasierst wirst, musst du stillhalten.

Die mit dem Rasiermesser, um bei dem holländischen Sprichwort zu bleiben, heißen in München Uli Hoeneß, Karl-Heinz Rummenigge und Hasan Salihamidžić. Rummenigge ist schon lange der Kovač-Skeptiker, doch auch der prinzipielle Kovač-Befürworter Hoeneß verweigert dem Trainer mittlerweile eine Garantie auf die neue Saison. Was sie nicht vergessen haben, ist der Auftritt ihrer Mannschaft in der Champions League. Erstmals seit acht Jahren schied die im Achtelfinale aus.

Schneckenhausfußball

Es war nicht mal das reine Ergebnis, das die Zweifel an Kovač verstärkte. Zumal Liverpool einfach ein schweres Los war, die Elf von Jürgen Klopp steht inzwischen im Finale und hätte fast die Premier League gewonnen, die härteste Liga der Welt. Vielmehr war es das gesamte Erscheinungsbild, das bis heute schmerzt.

Im Hinspiel versuchten die Bayern, den Ball zu verstecken. Das 0:0 wurde noch goutiert, weil man an der Anfield Road besser defensiv spielt. Doch auch im Rückspiel (1:3) war der gegnerische Torhüter ein Mann ohne Beschäftigung, der einziger Treffer des FCB war ein Eigentor. Und das gegen den auswärtsschwachen FC Liverpool, der von den anderen fünf internationalen Auswärtspartien vier verlor, sogar das in Belgrad. Auch in der Premier League gewann er gegen die großen Teams vor allem die Heimspiele.

Das Fazit war: Man kann gegen Liverpool ausscheiden, aber bitte nicht mit mutlosem Schneckenhausfußball. Schon in der Vorrunde gelang den Bayern gegen den einzigen wahren Gegner, Ajax Amsterdam, kein Sieg. Im Heimspiel kamen sie mit einem glücklichen Unentschieden davon. International war es ein schwaches Jahr für die Weltmarke FC Bayern.

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