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Erzieher mit Migrationshintergrund: Mehr Männer wie Vouvakis gesucht

Die sechs bunten Holzcontainer des SterniPark
Kinderhauses Hafencity sind ein Provisorium zwischen Baustellen und
Luxuswohnungen. Sie wurden innerhalb von sechs Wochen aufgebaut als Kita für
Kinder aus einer nahen Flüchtlingsunterkunft. Die Container sollen aber
alle Kinder der Hafencity aufnehmen. 

Spyro Vouvakis hat sich bewusst für die neue Kita entschieden. “Ich
wollte mit geflüchteten Kindern arbeiten, ihnen helfen, sich in der
neuen Heimat einzuleben”, sagt der Erzieher mit griechischen Wurzeln.
Eigene Fluchterfahrung hat er nicht. Im Gegenteil: Er bezeichnet sich
selbst als ein Hamburger Jung. Seine Motivation für die Arbeit mit
Kindern liegt trotzdem in der eigenen Biografie. Seine Mutter war
alleinerziehend, das Geld immer knapp, in der Schule eckte er oft an.
Viel Zeit verbrachte Vouvakis im Haus der Jugend in Hamburg-St. Pauli.
Bald engagierte er sich selbst als Fußballtrainer und Betreuer im
Jugendzentrum.

Nach der Hauptschule wollte Vouvakis eigentlich eine kaufmännische
Lehre beginnen. Doch der Betrieb ging kurz vor dem Start pleite. Ein
Glücksfall, wie der 35-Jährige heute findet. Auf der Suche nach
Alternativen schlug ihm ein Sozialarbeiter vor, Erzieher zu werden.
Immerhin habe er einen guten Draht zu den Kindern. Vouvakis gefiel die
Idee: Er holte den Realschulabschluss nach und begann mit 24 Jahren die
neue Ausbildung.

Die Zahl von Erziehern mit Migrationshintergrund soll steigen

Politik
und Pädagogik sind sich einig: Es braucht mehr Erzieher wie Vouvakis.
Bis 2025 werden in deutschen Kitas rund 191.000 Pädagogen fehlen,
optimistisch geschätzt. Schon jetzt herrscht vielerorts ein
katastrophaler Mangel.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey will mit besseren
Arbeitsbedingungen
und höheren Gehältern gegensteuern. Pädagogen mit
Migrationshintergrund und Männer sind Teile der Lösung. Derzeit haben
nur elf Prozent der Kita-Mitarbeitenden ausländische Wurzeln. In der
Wirtschaft liegt ihr Anteil bei 18 Prozent. 49.000 Fachkräfte kämen
dazu, wenn sich diese Quote auch in Kitas erreichen ließe.

Der Männeranteil soll von sechs auf zehn Prozent erhöht werden, auch
das könnte 30.000 zusätzliche Pädagogen bringen. Von beidem profitieren
nicht nur die Einrichtungen, sondern auch die Kinder. “Durch vielfältige
Teams erleben die Kinder das Zusammenleben von Geschlechtern und
Kulturen. Für sie bieten sich mehr Identifikationsmöglichkeiten und neue
Entwicklungschancen”, erklärt Peter Cloos, Erziehungswissenschaftler
von der Uni Hildesheim. Voraussetzung dafür ist ein
Vielfaltsbewusstsein. Männer sind genauso wenig ausschließlich die
lustigen Tobeonkels, wie die Kollegin mit türkischen Wurzeln immer die
Rolle der Ausländerexpertin füllen soll. “Es ist wichtig, dass
Einrichtungen auf eine heterogenitätsbewusste Pädagogik achten und
Aufgaben wie Sprachförderung, Toben oder Elternarbeit ausgewogen
verteilen”, sagt Cloos. So erfahren die Kinder, dass Menschen vieles
zugleich sein können, unabhängig von Geschlecht oder Herkunft.

Interessen statt Schubladen und Klischees

Im
Kinderhaus Hafencity gelinge das ganz gut, sagt Leiterin Teresa Beuster. In ihrem Team arbeiten nicht nur Menschen aus verschiedenen
Nationen, sondern auch drei Männer. “Integration und Sprachförderung ist
hier die Aufgabe aller Pädagogen, schon allein, weil Kinder eine neue
Sprache am besten im Alltag lernen, beim Singen, beim Mittagessen, beim
Spielen im Park”, sagt sie. Auch für die Männer gibt es keine
Sonderregelungen. Die meisten Aufgaben verteilen die Teams selbst. Der
neue türkische Kollege ist studierter Psychologe und plant gerade ein
Demokratie-Projekt für die Kita. Amateurfußballer Vouvakis entspricht allerdings eher dem Klischee des männlichen Erziehers. Er kickt viel
mit den Kindern. Und er ist kein Bastelkönig, wie er selbst sagt. Das könnten
manche Kolleginnen einfach besser. Aus seiner Sicht hat das aber wenig
mit Männlichkeit oder einem Migrationshintergrund zu tun, sondern mit
eigenen Interessen und sozialer Prägung.

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