/Donald Trump und Xi Jinping: Showdown der Präsidenten

Donald Trump und Xi Jinping: Showdown der Präsidenten

Kein Land besitzt so viele US-Staatsanleihen wie China – ein Druckmittel im Machtkampf von Xi Jinping mit Donald Trump.

23. Mai 2019, 17:16 UhrEditiert am 23. Mai 2019, 17:16 Uhr

Donald Trump und Xi Jinping: Showdown der Präsidenten


© Thomas Kuhlenbeck für DIE ZEIT

Die Sorge vor einer neuen Finanzkrise ist zurück. Die Wall Street
beunruhigt eine Auktion von Wertpapieren, normalerweise Routine. Es geht um Schuldscheine, mit
denen sich der amerikanische Staat Geld leiht. Sie werden regelmäßig an Anleger versteigert,
und üblicherweise kann sich das US-Schatzamt nicht retten vor Investoren, die ihm für zehn
Jahre Geld gegen relativ geringe Zinsen geben wollen. Denn amerikanische Schuldscheine –
sogenannte Treasuries – gelten als die sicherste Anlage der Welt, die USA als stets solventer
Schuldner.

Bei der jüngsten Auktion vor wenigen Tagen aber war die Nachfrage nach den zehnjährigen Anleihen – es ging um 27 Milliarden Dollar – nur knapp doppelt so hoch wie das Angebot. So schwach war sie zuletzt vor zehn Jahren: im März 2009, während der Finanzkrise. Der Finanznachrichtendienst Bloomberg nannte das eine “bestürzende Nachricht”.

Denn es könnte bedeuten, dass die USA zunehmend Schwierigkeiten haben, die wachsende Schuldenlast zu finanzieren. Steuersenkungen der Regierung Donald Trumps haben nämlich zu weniger Einnahmen und einem Haushaltsloch geführt. Das Schatzamt muss die klaffende Lücke mit neuen Schuldpapieren füllen. In den nächsten zehn Jahren geht es nach Schätzungen von Investmentbankern um zwölf Billionen Dollar. Die Summe entspricht zwei Drittel der aktuellen Wirtschaftsleistung der USA. Der amerikanische Staat hat bereits Schulden in Höhe von 22 Billionen Dollar.

Es gibt zudem Indizien dafür, dass China die Schuldscheine nutzen will, um sich im Handelsstreit mit den USA zu wehren. China war bis vor Kurzem einer der wichtigsten Abnehmer der US-Staatsanleihen. Nachdem Präsident Donald Trump vorvergangene Woche die Zölle auf viele Importe aus China von 10 auf 25 Prozent erhöht hatte, sollen sich die Chinesen bei der Auktion für Treasuries enthalten haben. Genau lässt sich das allerdings nicht belegen, weil die Transaktionen über Investmentbanken laufen, die ihre Endkunden nicht offenlegen müssen.

Schon früher fürchteten US-Regierungen, Peking könnte die Schuldscheine nutzen, um die USA unter Druck zu setzen, indem es den USA weniger Geld leiht oder seine Papiere verkauft. Wenn Gläubiger solche Anleihen im großen Stil abstoßen, werden sie nämlich weniger wert. Der Schuldner muss dann, um weiter Anleger anzulocken, höhere Zinsen bezahlen, wenn er sich frisches Geld leiht. Das ist nicht nur teuer für den amerikanischen Staatshaushalt. Es trifft auch die amerikanischen Unternehmen, weil in der Folge in der Regel die Zinsen für Kredite steigen.

Die beruhigende Nachricht: Peking würde sich mit dem Ausverkauf der Treasuries, der finanziellen Variante eines Nuklearschlags, selbst enormen Schaden zufügen – China würde schließlich seine eigenen Reserven mit vernichten. Es ist die Wall-Street-Variante des Gleichgewichts des Schreckens.

Allerdings hat das Interesse ausländischer Käufer an US-Staatsanleihen in den vergangenen Jahren ohnehin nachgelassen. Noch vor zehn Jahren lag ihr Anteil bei knapp 50 Prozent, heute sind es gerade noch 38 Prozent. Mit 1,13 Billionen Dollar sind die Chinesen nach wie vor die ausländischen Investoren mit dem größten Anteil an den US-Staatsanleihen. 2013 hatte sich der Anteil der Chinesen allerdings noch auf 1,32 Billionen Dollar belaufen.

US-Treasuries sind nicht irgendwelche Wertpapiere. Sie bilden das Fundament des globalen Finanzsystems. Allein die Tatsache, dass es sie gibt, beruhigt Banken, Großinvestoren oder die Finanzabteilungen von Unternehmen in Krisenzeiten, weil sie wissen: Zur Not parken wir unser Geld bei den Amerikanern. Solange ihre Notenbank Dollar drucken kann, so das Kalkül, so lange werden die USA zahlungsfähig bleiben. Selbst wenn in den USA eine Krise herrscht, legen die Investoren ihr Geld deshalb in Treasuries an. Die lassen sich zu jedem Zeitpunkt verkaufen und sind handelbar, als seien sie Bargeld.

Zudem richten sich Zinsen auf der ganzen Welt nach den Renditen für Treasuries. Wenn Banken anderen Schuldnern als der US-Regierung Geld leihen, verlangen sie einen höheren Zins als Ausgleich dafür, dass sie ein höheres Ausfallrisiko eingehen. Deswegen betreffen Bewegungen am Treasuries-Markt indirekt auch deutsche Unternehmen, die sich Geld leihen, um Fabriken zu bauen und Arbeitsplätze zu schaffen – oder Bürger, die Kredite aufnehmen, um ein Haus zu kaufen. Höhere Zinsen und damit eine langsamer wachsende Wirtschaft in den USA würden deren Handelspartner auf der ganzen Welt treffen.

Noch größere Probleme gäbe es, falls die Investoren grundsätzliche Zweifel an der Zahlungsfähigkeit der USA bekommen sollten. Denn es gibt keine Alternativen zu den Treasuries, in die Investoren bei Unsicherheit und in Krisenzeiten fliehen könnten. Falls das bisher Undenkbare geschehen sollte und das US-Schatzamt eine Auktion abhält, aber nicht genug Angebote erhält, dann, so die düstere Prognose von Bloomberg, droht nicht weniger als das Armageddon des Finanzsystems.

Hits: 54