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Grundrente: Kein Thema für Profilneurosen

Seit Monaten streiten Union und SPD nun über die Einführung einer Grundrente. Jetzt hat die SPD ein Finanzierungskonzept für ihr Modell vorgelegt, doch schon unmittelbar danach ist klar: Die Union will sich darauf nicht einlassen. Der Streit wird weitergehen.

Dabei sind beide Partner sich eigentlich im Grundsatz einig: Beide wollen, dass Menschen, die jahrzehntelang in die Rentenkasse eingezahlt haben, im Alter bessergestellt sind als jene, die das nie getan haben. Sie sollen deswegen eine Grundrente bekommen, die höher ist als das Grundsicherungsniveau der Sozialhilfe.

Umstritten ist aber, ob das generell für alle gelten soll, die auf 35 Beitragsjahre verweisen können – Kindererziehungszeiten und Teilzeitarbeit eingeschlossen – wie die SPD es will. Oder ob nur die wirklich Bedürftigen profitieren sollen; Menschen also, deren Rente auf dem Niveau der Sozialhilfe oder darunter liegt, und die kein weiteres Haushaltseinkommen haben, zum Beispiel aus Betriebsrenten oder aus den Bezügen eines Ehepartners. So will es die Union.

Gute Gründe auf beiden Seiten

Für beides gibt es gute Argumente: Für das Unionsmodell spricht, dass es wenig sinnvoll erscheint, in Zeiten knapper werdender Steuereinnahmen Menschen, denen es gut geht, aus der Rentenkasse oder mit Steuergeld zu alimentieren. Nach Zahlen des Deutschen Gewerkschaftsbundes haben zum Beispiel zehn Prozent all derer, die laut SPD-Plänen zum Kreis der Grundrentenbezieher gehören würden, als Rentner und Rentnerinnen ein Nettoeinkommen von mindestens 2.110 Euro in Singlehaushalten und 4.001 Euro für Paarhaushalte zur Verfügung.

Für das SPD-Modell spricht dagegen, dass es schwierig ist, die Grundrente auf Menschen mit geringem Einkommen zu begrenzen, wenn sie doch gleichzeitig eine Anerkennung der Lebensleistung sein soll. Die berühmte Zahnarztgattin, die vielleicht nur 20 Stunden in der Woche gearbeitet hat, hat schließlich nicht weniger geleistet als eine Verkäuferin mit demselben Arbeitszeitvolumen, die aber ohne gut verdienenden Ehemann auskommen musste.

Indem die SPD nun von der Idee abgerückt ist, ihr Grundrentenmodell aus den Rücklagen der Rentenkasse zu finanzieren, hat sie zudem eine entscheidende Schwäche des Konzepts getilgt. Die Union bemängelt allerdings zu Recht, dass die nun geplante Finanzierung unter anderem über eine europäische Transaktionssteuer derzeit nicht mehr ist als eine Luftbuchung, denn diese gibt es nicht und es ist offen, ob sich das in absehbarer Zukunft ändern wird.

Eine kleine Lösung ist besser als keine

Wer in diesem Streit die besseren Argumente hat, ist also gar nicht so einfach zu entscheiden. Sicher ist jedoch: Wenn beide Seiten ihre Pofilneurosen so weit treiben, dass es wie schon in der vergangenen Legislaturperiode am Ende zu gar keiner Lösung kommt, wäre das vor allem für die wirklich bedürftigen Rentnerinnen und Rentner die schlechteste Variante.

Für sie ist die Einführung einer Grundrente mit Bedürftigkeitsprüfung allemal besser als gar keine Grundrente. Das sollte auch die SPD in den weiteren Verhandlungen mit der Union bedenken. Wenn eine große Lösung mit der Union nun nicht zu machen ist, spricht nichts dagegen, erst mal eine kleine umzusetzen. Im Wahlkampf könnte die SPD dann für Mehrheiten streiten, die eine Grundrente nach ihren Vorstellungen möglich macht.

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