/Feinstaub: Dicke Luft, was tun?

Feinstaub: Dicke Luft, was tun?

Feinstaub, diese Mischung aus kleinen bis kleinsten Partikeln, steht für ideologischen Streit. Für Umweltaktivisten ist er die gefährlichste Art der Luftverschmutzung, jeder Grenzwert ist eine Frontlinie. Skeptiker und Freifahrt-Verfechter dagegen halten Feinstaub für eine völlig überschätzte Gefahr, die benutzt wird, um die Autofahrer zu gängeln.

In diese aufgeladene Stimmung hinein publiziert die Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) unbequeme Ergebnisse einer Studie. Forscher des Instituts für medizinische Informationsverarbeitung, Biometrie und Epidemiologie wollten herausfinden, welche Maßnahme gegen Luftverschmutzung am besten die Gesundheit schützt. Sie analysierten 42 Studien über 38 Aktionen, die direkt oder indirekt die Luftqualität verbessern sollten. Besonders der Effekt auf Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen sowie auf die allgemeine Sterblichkeit in der Bevölkerung wurde in den Arbeiten angeschaut. Die Maßnahmen reichten dabei von Umweltzonen in europäischen Städten über eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 80 km/h und die Regulierung von Feuerholz-Öfen in Kalifornien bis hin zum Verbot des Kohleverkaufs in Dublin. Unter dem Strich zeigte sich: Ein Zusammenhang zwischen den einzelnen Aktionen und einem Nutzen für die Gesundheit ist nicht gut belegt.

Siehste, mögen die Skeptiker nun jubeln, all die Fahrverbote, Tempolimits und Ofen-Dekrete braucht es nicht! Doch die Forscher betonen, dass die Maßnahmen wahrscheinlich durchaus helfen – nur welche davon am besten wirke und ob eine einzelne reiche, das zeigten die Studien eben nicht. Zum einen liege das an den Studien selbst: Sie seien zu kurzfristig angelegt, um die Auswirkungen auf die Gesundheit zu erfassen. Zum anderen sei es der komplexen Natur von Krankheiten geschuldet.

Herz-Kreislauf-Leiden zum Beispiel haben meist nicht nur eine Ursache. Die genetische Veranlagung spielt eine Rolle, der Lebensstil und Umwelteinflüsse. So kann eine Umleitung des Verkehrs wegen Feinstaubs zu einer Lärmbelastung in einem anderen Viertel führen. Lärm aber kann genauso wie Feinstaub den Blutdruck erhöhen und so zum Herzinfarkt führen. Alle Anstrengungen nur auf den Feinstaub zu konzentrieren führt folglich am Thema vorbei.

Soll man dann also einfach weitermachen wie bisher? Auf keinen Fall! Auf der ganzen Welt würden Millionen Menschen erkranken oder frühzeitig sterben, weil sie dreckige Luft atmen – das machen die LMU-Forscher ganz klar. Und tatsächlich könnte jeder Vorstoß gegen Feinstaub funktionieren. Doch um das wissenschaftlich zu belegen, müssen Aktionen für saubere Luft mit besseren und langfristigeren Studien begleitet werden.

Die könnten auch zeigen, welcher Maßnahmen-Mix wo am besten hilft – und mehr Sachlichkeit in
die Diskussion bringen.

Hits: 36