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FPÖ-Affäre: “So sind wir nicht”

Genau dort, wo der österreichische Bundespräsident in heiklen Situationen in der Wiener Hofburg vor die Presse tritt, stand einst das gewaltige Bett der üppigen Kaiserin Maria Theresia (1717 – 1780), vierzig Jahre lang zumindest formale Herrscherin über das Heilige Römische Reich deutscher Nation. In einer Ecke steht noch ein kleines Schreibpult, in dessen Schublade bis vor wenigen Jahren das Schreibzeug lag, mit dem sie die Kriegserklärung an die räuberischen Preußen unterschrieb. Die Preußen sind für Österreich keine Gefahr mehr, die gegenwärtigen Probleme sind hausgemacht.

Ihre Urheber sind die von Rechtsextremisten durchsetzen Freiheitlichen, die Österreich-Ausgabe der AfD, die es im Gegensatz zu den deutschen Kameraden zur Regierungsbeteiligung geschafft haben. Zum dritten Mal übrigens – ebenso oft scheiterten sie. Diesmal scheitern sie an dem Ibiza-Video, in dem der inzwischen zurückgetretene FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache einer angeblichen russischen Oligarchen-Nichte öffentliche Aufträge in Aussicht stellt, falls die FPÖ an die Regierung kommen sollte. Dieses Scheitern war so spektakulär, dass Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Samstag nachdrücklich einen “Neuaufbau des Vertrauens in die Politik”” forderte und sich überzeugt zeigte: “So ist Österreich nicht. So sind wir nicht.”

So sind wir nicht?

Die FPÖ hatte kurz vor der klandestinen Aufzeichnung dieses Videos, also im Frühjahr 2017, in den Umfragen noch bei etwa 33 Prozent gelegen. Dass es bei den Oktoberwahlen dann nur 26 Prozent wurden, ist allein dem Umstand zu verdanken, dass der junge Außenminister Sebastian Kurz seinen Parteivorsitzenden und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner stürzte und der christdemokratischen ÖVP einen scharfen Rechtskurs verordnete. Er fuhr bei den Oktober-Wahlen 2017 dann 31 Prozent ein, der FPÖ blieben bloß 26. Immerhin 57 Prozent der Wähler stimmten also für einen rechtspopulistischen Kurs. So sind wir Österreicher nicht, meint der Bundespräsident?

Schon im Wahlkampf und dann als neuer Bundeskanzler ließ Sebastian Kurz kaum einen Auftritt aus, bei dem er nicht von der Balkanroute sprach, die er angeblich geschlossen hat, von der Mittelmeerroute, die man schließen müsse und einer neuen Albanienroute, der er sich ebenfalls widmen wolle. Der neue freiheitliche Innenminister Herbert Kickl ließ unterdessen “Informationen” an die auflagenstarke Kronen Zeitung sickern, wonach 20.000 mit Messern bewaffnete Flüchtlinge an der bosnisch-kroatischen Grenze nur darauf warteten, nach Österreich einzureisen.

Die “Info” erwies sich später als eine der vom russischen Desinformationsdienst lancierten Falschmeldungen. Kickl meinte, Österreich solle auf eine Aufweichung der Genfer Flüchtlingskonvention drängen. Er versah die Erstaufnahmezentren für Flüchtlinge zynisch mit dem Schild “Ausreisezentrum” und untersagte per Verordnung, dass Länder und Gemeinden Asylwerbern mehr als 1,50 Euro Stundenlohn für gemeinnützige Arbeit zahlen. 

Verteidigungsminister Mario Kunasek, ebenfalls FPÖ, peitschte vergangenen Sommer Hunderte Anhänger in einem steirischen Bierzelt mit dem Versprechen hoch, er werde dafür sorgen, dass niemand den Steirern Schweinsbraten und Bier wegnehmen kann – als ob das irgendjemand geplant hätte. Das Bierzelt jubelte dennoch. So sind wir Österreicher nicht?

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