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FPÖ-Affäre: Strache ist kein Einzelfall

Heinz-Christian Strache war nicht nur der Vorsitzende der FPÖ, er war auch eine der zentralen Figuren des europäischen Rechtspopulismus. Das lag weniger an seinem politischen Gewicht, da bringen die Französin Marine Le Pen und vor allem der Italiener Matteo Salvini deutlich mehr auf die Waage.

Aber Strache war der einzige Rechtspopulist Europas, der mit einer christdemokratischen Partei eine Regierung bildete. Die Koalition in Österreich war ein Experiment, das Antwort auf eine fundamentale Frage geben sollte: Zivilisieren die Christdemokraten die Rechtspopulisten, oder entzivilisieren die Rechtspopulisten die Christdemokraten?

In allen europäischen Ländern ließ sich in den letzten Jahren beobachten, wie schwer sich die Christdemokraten mit der erstarkten Konkurrenz von rechts tun. Das gilt für Deutschland, das gilt für Frankreich, das gilt für Italien. Als im vergangenen Oktober in Bayern gewählt wurde, durchlief die CSU unter der Führung von Markus Söder eine Phase der Selbstradikalisierung, weil sie sich vor der AfD fürchtete. Frankreichs Konservative vertreten inzwischen Positionen, die sie von Le Pens Rassemblement National kaum unterscheiden lassen. Der italienische EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani sagt schon mal, dass nicht alles was Benito Mussolini gemacht habe, schlecht gewesen sei, um den Rechtsaußen in seinem Heimatland zu gefallen. 

Wie umgehen mit Orbán? Am Ende entschied er selbst

Also: abgrenzen oder zusammenarbeiten? Auf europäischer Ebene lässt sich das beispielhaft an Manfred Weber studieren, dem Spitzenkandidaten der konservativen EVP und Anwärter auf den Posten des Kommissionspräsidenten. Denn im Haus der EVP sitzt ein Star des europäischen Rechtspopulismus: der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán. Lange hat Weber zu Orbán gehalten – viel zu lange, wie manche meinen. Webers Versuche Orbán zu zähmen scheiterten allesamt. Schließlich rangen sich die EVP und Weber zu einer etwas härteren Position durch. Sie warfen Orbán zwar nicht aus der EVP, sie stellten ihn aber in Quarantäne – wenige Wochen später entzog Orbán Weber das Vertrauen. Es war also der bekennende Nationalist Orbán, der schließlich die Antwort gab: Eine Zusammenarbeit mit dem Christdemokraten Weber ist nicht möglich.

Auch Heinz-Christian Strache hat sein Antwort gegeben, wenn auch unfreiwillig. Als “eine bsoffene Gschichte” hat Strache sein Verhalten bezeichnet, das in dem Video dokumentiert ist. Das war es gewiss. Doch in Wahrheit führt er uns tief hinein in die Kellerräume des europäischen Rechtspopulismus. Da geht es ziemlich wild zu. Straches Fantasien, denen er in der Villa auf Ibiza nachhing, sahen so aus: Eine russische Oligarchin kauft die größte Zeitung Österreichs, Strache wirft ein paar Journalisten raus und stellt andere ein, damit sie seine Partei “pushen”. Zum Dank dafür bekommt die russische Oligarchin von Strache Staatsaufträge zugeschanzt – und weil das alles so wunderbar funktioniert, wird Strache am Ende Kanzler. Österreichs Orbán. 

Juckreiz beim Begriff “freie Presse”

Strache ist kein Einzelfall. Alle rechtspopulistischen Parteien haben mit der FPÖ einiges gemein. Sie pflegen ein enges Verhältnis zu Wladimir Putins Russland, und sie bekommen einen Juckreiz, wenn sie den Begriff “freie Presse” auch nur hören. Nun kann man nur hoffen, dass sie Straches Traum nicht teilen – der Viktor Orbán ihres Landes zu werden. Denn Orbán ist Herr über ein Land, das mal eine Demokratie war. Angesichts dessen wünscht man sich für die Schlussphase des europäischen Wahlkampfes eine klare Botschaft der Rechtspopulisten: Es gibt vieles in Europa, mit dem wir nicht einverstanden sind, aber wir wollen nicht so werden wie Viktor Orbán.

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