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Fußballbundesliga: Das Spektakel ist anderswo

Was hätten wir vor der Saison dafür gegeben. Eine Meisterschaft, die erst am letzten Spieltag entschieden wird. Mal wieder so etwas wie Spannung nach so vielen Jahren, in denen der FC Bayern stets so abgeklärt und früh Meister geworden ist, dass spätestens im nächsten Winter niemand mehr glaubte, es könnte anders kommen. Nach so vielen Jahren, in denen wir uns Geschichten von früher erzählen mussten, vom Meister der Herzen, von letzten Spieltagen, in denen sich alles drehte, manchmal erst in der Nachspielzeit, weil längst alles so vorhersehbar war wie nun die Weißbierduschen aus dem Sponsorenglas.

Nun haben wir diese Konstellation: Am Samstag entscheidet sich die Meisterschaft erst am 34. Spieltag. Zwei Punkte Abstand nur zwischen den Bayern und Dortmund. Alles ist möglich. Aber ist das Land im Fußballfieber?

Worüber wirklich geredet wird

Die Bayern und ihre Fans nehmen die sich abzeichnende Meisterschaft ihres Clubs, die siebte hintereinander, ob der eigenen Schwäche fast ein wenig verschämt zur Kenntnis, aber auch routiniert, weil der Weihnachtsmann ja auch jedes Jahr kommt. Der BVB und seine Fans müssen sich fast zwingen, noch an den Titel zu glauben. Ihr Trainer Lucien Favre hatte den ihn ja schon vor Wochen abgeschrieben, ausgerechnet nach der bitteren Niederlage gegen den Schalker Erzrivalen, wofür er öffentlich gescholten wurde. Aber womöglich war er nur der einzige Dortmunder, der aussprach, was eh alle dachten.

Es fühlt sich jedenfalls nicht so an, als würde gerade das ganze Land auf das Bundesligafinale hinfiebern. Als würde seit Wochen über nichts anderes mehr geredet werden, ob in der Kantine, über den Gartenzaun hinweg oder abends beim Kreisligatraining. Natürlich werden sich viele die Spiele anschauen, aber es kribbelt kaum. Die Bundesliga kickt nicht mehr so richtig.

Selbstverständlich gibt es noch immer viele Spieler, Geschichten und Spiele, für die es sich lohnt, hinzuschauen. Luka Jović zum Beispiel, Frankfurts kühler Stürmer mit den beinahe unwirklichen Oberschenkelstreckern. Oder Friedhelm Funkel, Düsseldorfs Trainer, dem jeder gemeisterte Abstiegskampf eine Falte ins Gesicht meißelte. Und selbstverständlich kann es den Fans von Mainz 05 oder Hertha BSC ziemlich egal sein, ob die Bundesliga nun besonders viel Show bietet oder einen spannenden Meisterschaftskampf. Sie schauen auf ihren Verein, fiebern, leiden und freuen sich mit ihm, egal, was ist. Aber die vielen Millionen Fußballinteressierten, die ohne übermäßige emotionale Bindung zu einem Verein lediglich unterhalten werden wollen, die scheint es auch in diesem Jahr irgendwie nicht gepackt zu haben.

Es passiert nicht nur in Deutschland

Die Bayern sagen selbst, dass sie in einem Übergangsjahr stecken. Noch im Februar sagte Uli Hoeneß gar, er wäre bereit, dieses Jahr auf die Schale zu verzichten. Hat es das schon mal gegeben? Vielleicht liegt es auch an dieser reichlich frustrierenden Tatsache, dass der FC Bayern selbst in so einer Saison der Meisterschaft wieder so nahe ist. Vielleicht aber ist das alles auch kein Problem der Bundesliga, sondern es verschiebt sich etwas, in ganz Europa.

Für die besten Clubs ihres Landes sind die nationalen Ligen keine Gradmesser mehr. Wenn Manchester City gegen Huddersfield Town antritt, müssten sich schon acht Pep-Schützlinge die Beine brechen und der Rest die Arme, damit das Spiel verloren geht. Gleiches gilt für ein Gros der Spiele des FC Barcelona in Spanien, Paris Saint-Germain in Frankreich, Juventus Turin in Italien oder eben der Bayern in der Bundesliga, auch wenn die zuletzt so viel falsch gemacht haben, dass es noch immer schiefgehen könnte. Diejenigen, die durch die Champions-League-Millionen reich geworden sind und immer reicher werden, lassen dem Rest, der die Mehrheit stellt, keine Chance. Die Megaclubs spielen auf dem Papier noch in der gleichen, eigentlich aber in einer anderen Liga.

Richtig spannend, ja wirklich hochklassig wird es nur, wenn die ganz Großen aufeinandertreffen. Wie in der K.-o.-Runde der Champions League. Erst dort ist Spektakel. Nur dort ist Spektakel. Die vergangene Woche, in der erst Liverpool und später Tottenham ihre Spiele auf maximal dramatische Art umbogen, ist schon längst in die Fußballgeschichte eingegangen. Darüber reden die Leute am nächsten Morgen in der Kantine, über den Gartenzaun hinweg und beim Kreisligatraining. Die Champions League ist das neue Lagerfeuer.

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