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Alternative für Deutschland: Schampus-Max gegen Vielfalt

Die AfD ist eine junge Partei. Das gilt allerdings nicht für ihre
Wählerschaft. An einem kühlen Maiabend sitzen etwa 100 AfD-Anhänger in einem Schloss
bei Freital, die meisten über 50 Jahre alt, deutlich mehr Männer als Frauen. Maximilian Krah,
sächsischer AfD-Vize-Chef, wird frenetisch begrüßt. Man erhofft sich eine
zünftige Rede von ihm. Ein Heimspiel eigentlich. Doch es meldet sich auch ein
älterer Mann mit Sorgen. Er erzählt vom Streit mit seiner Tochter, ständig sei
sie anderer Meinung. “Die Jugend ist rot-grün-versifft, das macht doch keinen
Spaß mehr.” Krah, Vater von sechs Kindern, nickt, das “Problem” kenne er. “Durch
Angstkampagnen wie Fridays for Future wird uns die Jugend gerade versaut.” Zuhause
müsse auch er diskutieren, mit seinen pubertierenden Töchtern mehr als mit seinen
Söhnen. Nicht alle Familienmitglieder würden ihn wählen, sagt er.  

Maximilian Krah, 42 Jahre, ist ein politischer Aufsteiger. In der AfD hat
er schnell Karriere gemacht. Im Europawahlkampf gibt er “den Kandidaten aus
Dunkeldeutschland”. Krah tritt auf Listenplatz drei an, hinter dem Parteichef Jörg Meuthen und Guido Reil, früher SPD, heute im AfD-Bundesvorstand. Krah ist der ostdeutsche
Spitzenmann aus einem der AfD-stärksten Länder. Wenn alles läuft wie
prognostiziert, wird er bald nach Brüssel ziehen.

Für die rechte Partei ist der Sachse eine geschickte Personalie. Er ist einerseits ein geübter Rhetoriker, Jurist und Ökonom. Er
kann der AfD ein bürgerliches Antlitz geben, gemäßigt auftreten, wenn es der
Anlass verlangt. Aber er kann auch schnell umschalten, als radikaler Einheizer mit extrem rechten Parolen durch Kleinstädte ziehen. Immer wieder agitiert er gegen Migranten, wertet Einwanderer ab und schürt sächsischen Regional-Chauvinismus. Krah weiß genau, was viele AfD-Anhänger hören wollen.

“Sie alle sind deutsch, sächsisch, weiß”

Im Freitaler Schloss präsentiert Krah das Hausprogramm der Partei. Eine
Stunde redet er sich heiß. Ein Manuskript braucht er nicht. Gerade ist er aus Brüssel
zurück. Er hatte dort einen Medienauftritt, eine Debatte mit Vertretern anderer Parteien. Vor
den Freitalern erzählt er: “Eine Linksliberale hat dort gesagt, Demokratie
heißt nicht, dass die Mehrheit regiert, sondern, dass die Minderheiten beschützt
werden.” Lachen im Saal. “Aber Sie sind die Mehrheit, für die wir Politik
machen. Wenn ich hier in den Raum schaue, ist es nicht bunt und vielfältig, das
ist das Schöne an Freital. Sie alle sind deutsch, sächsisch, weiß.”

Krah hat es an diesem Abend leicht. Er nimmt Angst, Trotz, Ablehnung auf,
gibt seinem Publikum Selbstbewusstsein. Viele im Raum fühlen sich abgewertet,
auch durch Berichterstattung über “Sachsen als Schandfleck”. “Ihr solltet nur
Leute wählen, die mit euch auch etwas zu tun haben wollen. Freital ist toll, da
könnt ihr stolz darauf sein.”

Mit Europa kann in diesem Raum kaum jemand etwas anfangen. Sachsen ist
die Heimat, die interessiert, die EU hingegen ein kompliziertes, fernes Gebilde,
von dem sich viele schikaniert fühlen. Maximilian Krah verspricht Rechtsbündnisse
im EU-Parlament
, “mit unserem Freund Matteo Salvini”, mit dem ungarischen
Regierungschef Viktor Orbán. Sein Thema Nummer eins: Migration. Einwandern dürfe nur,
“wer zu uns passt”.  Tschechischen
Hochwasseropfern würde er helfen. Syrische Flüchtlinge hält er für “die
Falschen”. “Wir können die Masse nicht hier haben, und es wird trotzdem
hereingeholt. Und ich unterstelle im Übrigen, das kann man mir vorwerfen, dass
sie auch gezielt reingeholt wird, um dafür zu sorgen, dass ihr nicht mehr die
Mehrheit seid.”

Im AfD-Gutachten des Verfassungsschutzes wird Krah erwähnt, unter
anderem, weil er das Wort “Umvolkung” benutzt. In Freital wiederholt er es. “Ich
glaube, ich darf nicht mehr Umvolkung sagen, ich sage es trotzdem.” Er wolle, “dass
Sachsen deutsch bleibt.” Er erklärt das Rezept der AfD so: “Wir sind eine
Partei, die vielleicht nicht ständig das Herz erwärmt. Unsere Gegner haben
keine Argumente, aber sie lassen es immer menscheln.” Die AfD sei die Partei “der
harten Vernunft”. Tosender Applaus.

Spitzname “Schampus-Max”

Maximilian Krah verbindet auf den ersten Blick nicht viel mit dem Kleinstadtpublikum,
das vor ihm sitzt. Er trägt teure Uhren und schicke Anzüge. Er zeigt sich gern bei
Bällen, auf dem gesellschaftlichen Parkett. Im Dresdner Bürgertum fühlt er sich
nach wie vor willkommen. Fotos im Smoking postet er immer mal auf seinem
Facebook-Profil, das für ihn ein nützlicher Multiplikator ist. Selbst bei
manchen Parteifreunden hat er wegen solcher Auftritte den Spitznamen
“Schampus-Max”. Anfangs habe er über diese Kontraste nachgedacht, sagt er
später bei einem Gespräch. Er erklärt seinen Erfolg mit einem Vorbild: Donald Trump. “Warum lieben die Rednecks einen gelbgefärbten Milliardär? Die Lösung
ist: Man muss die Leute einfach mögen. Die Leute haben ein gutes Gespür, wenn
das so ist. Wenn man aus einem bürgerlichen Beruf kommt und sich den Porsche
selbst verdient, spielt das nicht so eine große Rolle.”

Maximilian Krah stammt aus Sachsen, geboren in einem Lausitzer Dorf,
aufgewachsen in Dresden. Er arbeitet in der Stadt als Teilhaber einer Kanzlei. Vor
Gericht hat er unter anderem die Männer vertreten, die 2016 vor einem Supermarkt
im sächsischen Arnsdorf einen irakischen Flüchtling an einen Baum fesselten. Vor
einigen Jahren war Krah, der sich als “konservativer Katholik” bezeichnet, Hausanwalt
der reaktionären Piusbruderschaft.

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