/Abschiebungen: “Katalog der Entrechtung und Inhumanität”

Abschiebungen: “Katalog der Entrechtung und Inhumanität”

In der Bundestagsdebatte über das sogenannten Geordnete-Rückkehr-Gesetz des CSU-geführten Bundesinneministeriums haben Grüne, Linke und AfD die geplanten Erleichterungen für Abschiebungen kritisiert. Die Grünen-Abgeordnete Filiz Polat sprach von einem “Katalog der Entrechtung und Inhumanität”. Die Linken-Politikerin Ulla Jelpke sagte, die Pläne verstümmelten “die verbliebenen Rechte von Schutzsuchenden bis in die Unkenntlichkeit”. Es sei menschenunwürdig, Schutzsuchende wie Strafgefangene zu behandeln. “Flucht ist kein Verbrechen”, sagte Jelpke. Die SPD solle sich überlegen, ob sie “solchen Schweinereien” zustimmen könne.

Gottfried Curio von der AfD gehen die vorgesehenen Änderungen hingegen nicht weit genug. Er sprach von “Symptomdoktorei”, die nicht helfe, solange die Grenzen offen seien. FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg nannte das Vorhaben einen “Schritt in die richtige Richtung”, bemängelte aber, zu viele Probleme blieben unbeantwortet, etwa das “Kompetenzchaos zwischen Bund und Ländern”.

Der Gesetzesvorschlag von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sieht unter anderem vor, die Menschen vorübergehend in Haftanstalten unterzubringen, wenn die dafür normalerweise vorgesehenen
speziellen Einrichtungen nicht vorhanden sind. Das soll auch dann gelten, wenn “von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für Leib
und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit”
ausgehe. Dafür soll nach den
Vorstellungen  Seehofers das Trennungsgebot zwischen Strafgefangenen und Abzuschiebenden für drei Jahre ausgesetzt werden. Vor allem von den Justizministern der Länder gibt es jedoch Widerstand. Kritiker bemängeln, damit werde die Trennung zwischen Asyl- und Strafrecht aufgehoben. Seehofer bekräftigte seine Forderung nach bundesweit 500 zusätzlichen Abschiebehaftplätzen. 

Seehofers Gesetzentwurf sieht zudem den neuen Status einer “Duldung für Personen mit ungeklärter Identität” vor. Diesen soll erhalten, wer ein “Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt”. Besitzt eine Person keinen gültigen Pass oder Passersatz, müsse sie alle
“zumutbaren Handlungen” zur Beschaffung eines Passes vornehmen. Geschehe
dies nicht, droht laut Gesetzentwurf ein Bußgeld. Dies missfällt der
SPD, die dem Gesetz in der großen Koalition zustimmen muss.

Seehofer verteidigte die Pläne als “Durchsetzung rechtsstaatlicher und
fairer Regeln”. Deutschland gewähre jedem Menschen, der Schutz braucht,
Schutz. “Aber das heißt auf der anderen Seite, wer kein Bleiberecht hat,
muss auch unser Land wieder verlassen.” Der SPD-Abgeordnete Lars Castellucci hob hervor, dass es um Menschen gehe, deren Asylantrag
abgelehnt worden sei. “Und diese Menschen müssen unser Land auch wieder
verlassen.” Der SPD-Innenpolitiker Helge Lindh warnte in der Debatte vor
“Schwarz-Weiß-Denken”. In der Realität gebe es auch viele Grautöne – so
seien unter den Geduldeten solche, die bei ihrer Identität getäuscht
hätten, aber auch solche, die aus gesundheitlichen Gründen nicht
abgeschoben werden könnten oder weil sie in Ausbildung seien. Er sehe
aber “keine Alternative” zu dem Ansatz des Innenministeriums.

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